Parteiwerbung:Wenn das Schule macht

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Wie die FPÖ politische Diskussionen im Unterricht verhindern will.

Von Cathrin Kahlweit

An der Tafel steht in Schreibschrift: "I love communism - ich liebe den Kommunismus." Gleichzeitig wird im Off die akute Bedrohung erläutert, der österreichische Schüler Tag für Tag ausgesetzt sind: "Viele Lehrer scheuen nicht davor zurück, ihr meist linkes Gedankengut in die Köpfe der Schüler zu verpflanzen." Diese Warnung, verbunden mit dem Hinweis, dass Parteiwerbung an Schulen verboten sei und auch "schulfremde Experten" Parteien nicht "in den Schmutz ziehen" dürften, finden sich auf der neuen Webseite www.parteifreie-schule.at. Indoktrination, Manipulation und Kommunistenliebe - alles das kann neuerdings per Formular samt Beweismaterial hochgeladen und gemeldet werden. Ein Schelm, wer Böses denkt, wenn er liest, wohin Schüler oder Lehrer Agitprop-Vorfälle in Zukunft melden sollen: direkt an die FPÖ.

Die ist nun zwar eindeutig eine Partei; sie will die Fälle, die ihr bekannt werden, aber von unabhängiger Seite prüfen lassen. Den konkreten Anlass, der die Aktion "parteifreie Schule" ausgelöst hat, den hat die FPÖ in Oberösterreich indes gleich selbst geliefert. Der Direktor eines Linzer Gymnasiums hatte unlängst einen Vortrag über Extremismus abbrechen lassen, nachdem der Elternvertreter und FPÖ-Parlamentsabgeordnete Roman Haider im Direktorat angerufen und, dem Vernehmen nach unterlegt mit Drohungen gegen den zuständigen Lehrer, eine Intervention des Rektors erzwungen hatte. Er war zuvor von seinem Sohn aus dem Unterricht heraus alarmiert und mit Handyfotos versorgt worden. Haiders Vorwurf: In dem Vortrag werde die FPÖ mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht. Der Redner, ein Welser Grünen-Politiker, sei "Pseudo-Experte und Linksextremist". Mit der SZ wollte Haider nicht sprechen, er schickte aber Material: parlamentarische Anfragen zu politischen Aktivitäten in Schulen und zu der Frage, wie viel Schüler für Vorträge zahlen müssten.

Thomas Rammerstorfer, im Hauptberuf in der Altenpflege tätig und seit Jahren als Autor und Vortragender in Sachen Extremismus unterwegs, kann Auskunft geben: Er bekam 170 Euro. Die Folien zu seinem Vortrag kann man nachlesen. Die FPÖ kommt einmal vor - im Zusammenhang mit ihrer intensiven Verquickung mit schlagenden, oft rechtsextremen Verbindungen. Als er auf Druck der FPÖ gestoppt wurde, diskutierte die Klasse gerade über Scientology. Rammerstorfer, der auch in KPÖ-Broschüren publiziert, wird seither in Linz persönlich bedroht. Als Angestellter des FPÖ-dominierten Magistrats in Wels ist er nun auch beruflichem Druck ausgesetzt. Noch beweist er Humor: Derzeit gebe er "zehn Prozent Rabatt auf abgebrochene Vorträge".

Eine Untersuchung habe keine Verfehlung des Redners oder des Lehrers ergeben, sagt Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer. Er habe Haider, dem erregten Vater und Politiker, angeboten, selbst vor der Klasse zu reden, aber der habe abgelehnt. Enzenhofer hält das Ganze für eine "Inszenierung", um Druck auf Schulbehörden auszuüben. Natürlich müsse eine Schule abwägen, wo Staatsbürgerkunde aufhöre und Parteipolitik anfange. Solange aber Sozialkunde in Österreich immer noch Teil des Geschichtsunterrichts sei, gebe es eher zu wenig politische Bildung an den Schulen.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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