Parteitag der US-Republikaner:"Gustav" und der Wirbel um Palin

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Der Hurrikan steht im Zentrum des gestutzten Konvent-Auftaktes - für Wirbel sorgt die schwangere 17-jährige Tochter Sarah Palins, der erzkonservativen Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten.

M. Koch, New York

Nach zwanzig Minuten war alles vorbei. Ein bunter Haufen republikanischer Delegierter hat die Parteitagsformalitäten hinter sich gebracht und konnte sich vor den Bildschirmen in der Sportarena von St. Paul wieder den wichtigeren Themen des Tages widmen. Zum Beispiel den Sturmböen, die über New Orleans hinwegfegen.

Vorbereitungen für die große Kandidatenkür: Helfer bringen die Namenszüge der republikanischen Kandidaten McCain und Palin an (Foto: Foto: AFP)

Das Programm am ersten Tag des Treffens wurde auf gut zwei Stunden zusammengestrichen. Die geplanten Autritte von Präsident Bush, Vizepräsident Dick Cheney und anderen Rednern waren wegen Gustav abgesagt worden.

Die Parteitagsregisseure wollten den Eindruck vermeiden, dass sich die Republikaner zu einem Jubelfest treffen, während an der Golfküste Millionen Menschen auf der Flucht sind.

Wegen Gustav traten auch Laura Bush und Cindy McCain vor die Deligierten - und gaben sich überparteilich. Die First Lady und die Frau des republikanischen Präsidentschaftskandidaten erinnerten, "dass wir alle zuerst Amerikaner sind", man solle gemeinsam den betroffenen Landsleuten helfen.

Die Tochter werde bald heiraten, sagt Sarah Palin

Dann war da noch der Wirbel, den Sarah Palin entfacht hat. Die strenggläubige Republikanerin, die für das Amt der Vizepräsidentin kandidiert, machte am Montagmorgen die Schwangerschaft ihrer minderjährigen Tochter öffentlich.

Erst am Abend wich die Anspannung bei den meisten Delegierten: Der Sturm war weniger verheerend als befürchtet und Palins Ankündigung, dass ihre Tochter bald heiraten werde, scheint bei der religiösen Rechten zu greifen. Aber ob sie auch Wähler überzeugt?

Die erzkonservative Palin lehnt Sexualaufklärung an Schulen ab und befürwortet stattdessen Programme, die sexuelle Enthaltsamkeit von Teenagern fördern sollen.

Nach dem Abflauen des Hurrikans wird der Parteitag in den kommenden Tagen wohl doch noch seinen geplanten Gang nehmen. Damit werden sich die Kameras und Mikrophone auch wieder auf die Funktionäre richten, die John McCain in dieser Woche offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten küren wollen.

Die Delegierten finden die Wirtschaftslage rosig

So vielfältig der Anblick der aus allen Bundesstaaten zusammengewürfelten Schar in ihren Cowboyhüten, Hawaii-Hemden und Blue-Jeans erscheinen mag, so einheitlich sind ihre Ansichten.

Musste Barack Obama auf dem Parteitag der Demokraten erst die Gräben überbrücken, die der innerparteiliche Vorwahlkampf gegen Hillary Clinton gerissen hatte, kann sich John McCain der Unterstützung seiner Parteisoldaten bereits sicher sein. Neun von zehn Delegierten stehen enthusiastisch hinter ihrem Kandidaten, wie eine Umfrage der New York Times und des Fernsehsenders CBS ergeben hat.

Für McCain stellt sich eine andere Frage: Wie nützlich sind ihm seine Truppen im Kampf um die Mittelschicht, die sich nicht entscheiden kann zwischen seinem Versprechen von Führungsstärke und der Verheißung des Wandels, mit dem der Demokrat Obama auf Stimmenfang geht?

Denn die Umfragen zeigen auch, dass die republikanischen Delegierten mit gewöhnlichen Amerikanern nicht viel gemein haben. Die Funktionäre halten treu zu Präsident George W. Bush, dem die übrigen Wähler die niedrigsten Zustimmungsraten geben, die jemals für einen Präsidenten gemessen wurden.

Die Delegierten verteidigen den Krieg im Irak, den fast zwei Drittel der Amerikaner für falsch halten. Und weit mehr als die Hälfte der in St. Paul versammelten McCain-Anhänger findet, die Wirtschaft sei in guter Verfassung - ein Glauben, den nur 20 Prozent der Wähler teilen.

McCain soll am Donnerstag seine Nominierung entgegennehmen und zu den Delegierten sprechen. Seine Aufgabe ist klar umrissen: Er muss seine Partei auf einen Wahlkampf einschwören, in dem Pragmatismus gefragt ist, nicht die Rezitation der republikanischen Mantras.

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