Palästina-Konflikt:Versöhnliche Signale

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Die radikal-islamische Hamas bietet an, einen Teil ihrer Macht im Gazastreifen abzugeben. Palästinenserpräsident Abbas begrüßt das Friedensangebot.

Von Alexandra Föderl-Schmid, München

Bereit zum Einlenken: Die Hamas, die vor zehn Jahren eine Nebenregierung im Gazastreifen etabliert hat, will den Bruderkrieg mit der Fatah beenden. (Foto: dpa)

Ein erstes Ziel hat die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas schon erreicht. Auf ihr Angebot, die Macht im Gazastreifen abzugeben und im Gegenzug im gesamten Palästinensergebiet Wahlen abhalten zu lassen, reagierte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wohlwollend. Er begrüßte ihren Vorstoß und kündigte an, nach seiner Rückkehr von der UN-Generalversammlung in New York in dieser Woche die Palästinenser-Führung zusammenrufen. Nun seien die Bildung einer Regierung der nationalen Versöhnung und Wahlen möglich.

Auch wenn ihm Wahlen angesichts der nicht gerade berauschenden Umfragen für seine Fatah nicht gelegen kommen, musste Abbas auf das Versöhnungsangebot der Hamas eingehen, sonst geriete er bei seinen Auftritten in den USA in Erklärungsnot. Die Einladung richtet sich explizit an die Regierung Abbas, "ihre Aufgaben sofort zu übernehmen", wie es in der Hamas-Erklärung hieß. Eine der entscheidenden Fragen ist jedoch noch offen: ob die Hamas auch die Kontrolle über den von ihr aufgebauten Sicherheitsapparat abgeben wird.

Abbas selbst war es, der wiederholt auf eine Auflösung des Verwaltungskomitees im Gazastreifen gedrungen hatte. Er hatte zuvor den Druck auf die Hamas damit erhöht, indem die von ihm geführte Regierung die Gehälter für die öffentlich Bediensteten im Gazastreifen gekürzt und die Rechnungen an Israel für Stromlieferungen in dieses Gebiet nicht gezahlt hatte. So gab es zuletzt nur noch zwei Stunden Strom pro Tag.

Diese Maßnahmen verstärkten den Unmut in der Bevölkerung, der sich zunehmend auch gegen die Hamas richtete. Im Gazastreifen herrschen bereits seit Jahren hohe Arbeitslosigkeit und ein akuter Versorgungsnotstand. Nach Schätzungen leben 1,3 der etwa 1,9 Millionen Bewohner des Gazastreifens von Hilfsgeldern und UN-Zuwendungen. UN-Generalsekretär António Guterres sprach Ende August bei einem Besuch im Gazastreifen von "einer der dramatischsten humanitären Krisen", die er je gesehen habe.

Die Hamas machte Ägypten das Zugeständnis, sich von der Muslimbruderschaft zu lösen

Die Fatah kontrolliert das Westjordanland und die vom Westen unterstützte Palästinenserbehörde. Die Hamas wird unter anderem von der EU als Terrororganisation eingestuft. 2007 hatte die Hamas nach einem wochenlangen Bürgerkrieg die Kontrolle über den Gazastreifen übernommen und eine Art Nebenregierung etabliert. Innerhalb des vergangenen Jahrzehnts haben sich Israel und die Hamas drei Kriege geliefert, die schwere Zerstörungen hinterlassen haben. Auch in Israel wurde die Hamas-Erklärung vorsichtig begrüßt, wenngleich die innerpalästinensischen Rivalitäten dazu beitrugen, dass die Zwei-Staaten-Lösung nicht gerade befördert wurde. Durch die Auseinandersetzungen zwischen den beiden größten Palästinenserorganisationen waren die beiden Autonomiegebiete geteilt. Zahlreiche Versuche, die beiden Territorien durch eine Einheitsregierung wieder zu vereinen, scheiterten in den vergangenen Jahren - zuletzt 2014.

Jüngst hat sich verstärkt Ägypten eingeschaltet. Hamas-Chef Ismail Hanija hatte sich bereits länger in Kairo aufgehalten, Ende vergangener Woche traf eine Fatah-Delegation ein. Gespräche zwischen Vertretern der Hamas und des ägyptischen Geheimdienstes über Sicherheitsfragen gibt es schon länger. Ägypten wollte die Grenze zwischen dem Gazastreifen und der Sinai-Halbinsel absichern, um eine weitere Stärkung islamistischer Kämpfer zu verhindern. Wie von Israel gefordert, wurde das Tunnelsystem zwischen dem Gazastreifen und Ägypten abgedichtet.

Der Hamas ging es vor allem darum, die von Israel verhängte Blockade des Gazastreifens aufzuweichen und eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah Richtung Ägypten zu erreichen, um die Versorgungslage zu verbessern. Ägypten verlangte und bekam bereits Zugeständnisse wie die Loslösung der Hamas von der Muslimbruderschaft. In ihrer Erklärung baute die Hamas auch eine Reverenz an Ägypten ein: Der Schritt sei das Ergebnis "großzügiger Bemühungen von Ägypten, eine palästinensische Versöhnung herbeizuführen".

Im Hintergrund mischen auch die Vereinigten Arabischen Emirate mit. Dort lebte in den vergangenen Jahren Mohammed Dahlan im Exil. Der Ex-Sicherheitschef von Gaza ist ein Erzfeind von Abbas und will ihn als Präsident beerben.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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