Oury Jalloh:Die Fehler der Justiz

Ein Fall, der demonstriert: An den internen Korrektursystemen der Justiz hapert es offenbar.

Von Heribert Prantl

Zwei Formen des Justizirrtums gibt es: den schrecklichen und den furchtbaren. Bei der ersten Form handelt es sich um fahrlässige Verurteilung Unschuldiger; bei der zweiten um fahrlässige Nichtverurteilung Schuldiger.

Bei der ersten Form macht es das Gesetz höllisch schwer, eine Verurteilung wieder aufzuheben: Auf knapp zehntausend Verurteilungen kommt nur eine Wiederaufnahme. Wie viele Schuldige wiederum nicht verurteilt werden, weil sich die Ermittlungen vorzeitig auf eine harmlose oder vertuschende Sichtweise der Tat festlegen, entzieht sich den Schätzungen, aber nicht der öffentlichen Erregung. Zu dieser Kategorie des Justizirrtums gehört der Fall des Oury Jalloh. Seit zehn Jahren hält die Justiz trotz massiver Zweifel daran fest, dass er in Polizeihaft seine Zelle angezündet habe und dabei zu Tode kam; dem Verdacht, dass der gefesselte Mann mit Benzin übergossen wurde, gingen die Ermittler nicht ausreichend nach. Jetzt lässt die Staatsanwaltschaft ein neues Brandgutachten machen; spät, viel zu spät! Solche Fehler sind verheerend, weil sie das Vertrauen in die Justiz zerstören. Andere Fälle kommen einem in den Sinn: der des Berufsschülers Eisenberg in Regensburg etwa, der 2009 von der Polizei mit zwölf Schüssen erschossen wurde. Hier legte man sich quick auf polizeiliche Notwehr fest. Punkt. Ende.

Die justizinternen Korrektursysteme funktionieren offenbar nicht gut genug.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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