Osteuropa:Polens Angst

Warschau fordert zu Recht die Stationierung von Nato-Truppen.

Von Florian Hassel

Polens neuer Präsident Andrzej Duda hat schnell den Mantel der Überparteilichkeit abgestreift, den er als Staatsoberhaupt tragen müsste. Duda fordert eine fragwürdige Volksabstimmung und mischt sich in den Wahlkampf ein, er hat Millionen Polen Wohltaten versprochen, die sich sein Land nicht leisten kann. Da liegt es nahe, auch Dudas außenpolitischen Auftakt - seinen Antrittsbesuch in Estland zum Jahrestag der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes - als patriotisch-populistisches Manöver abzutun. Ebenso die Forderungen nach ständigen Nato-Kampftruppen, die jetzt wieder von Duda und seinem estnischen Kollegen Toomas Elves kommen dürften.

Doch die beiden sind mit dieser Forderung nicht allein. Ihr Argument, Russland habe den Konsens aufgekündigt, der dem Verzicht auf Nato-Basen in Osteuropa zugrunde lag, überzeugt mehr als die Haltung von Politikern in Berlin und anderswo, die die Illusion eines kooperationswilligen Kreml pflegen.

Der Ukraine-Friedensprozess von Minsk, der diesen Namen wegen der Schürung des Krieges durch den Kreml nicht verdient, ist tot. Russlands Präsident Wladimir Putin denkt nicht daran, seine Politik des systematischen Brechens der europäischen Nachkriegsordnung aufzugeben. Es ist Zeit, ihm einen symbolischen Schritt entgegenzutreten: Mehr wäre die Stationierung von ein paar Tausend über Ost- und Südosteuropa verteilten Soldaten nicht.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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