Olmert-Nachfolge:Livni gewinnt Wahl um Vorsitz der Kadima-Partei

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Israels Außenministerin Tzipi Livni hat sich gegen ihren Rivalen Mofas durchgesetzt. Nun will sie eine neue Regierung bilden.

Thorsten Schmitz

Die israelische Außenministerin Tzipi Livni hat in der Nacht zu Donnerstag die Wahl um den Vorsitz der Partei Kadima für sich entschieden. Livni konnte eine Mehrheit der rund 70.000 Mitglieder starken Partei für ihren Kurs gewinnen und erzielte 43,1 Prozent der abgegebenen Stimmen. Ihr schärfster Konkurrent, Verkehrsminister Schaul Mofas, kam auf 42 Prozent. Nach Angaben der Wahlkommission hat Livni eine Vorsprung von nur 431 Stimmen. Die israelischen TV-Sender hatten Livni am Vorabend noch mit einem Vorsprung von zehn Prozentpunkten vorn gesehen.

Knapper Sieg für Tzipi Livni: Ersten Hochrechnungen zufolge haben 43,1 Prozent der Parteimitglieder für sie gestimmt. (Foto: Foto: AFP)

Weil wenig Leute zur Abstimmung gingen, waren die Wahllokale eine halbe Stunde länger offengeblieben. Livni hatte darum gebeten, weil sie befürchtet hatte, dass eine geringe Wahlbeteiligung zu ihren Ungunsten ausfallen könnte. Da die Stimmen per Hand und nicht per Computer ausgezählt werden, verzögerte sich die Bekanntgabe des Endergebnisses.

Olmerts Ende

Die Wahl war nötig geworden, weil gegen den bisherigen Parteivorsitzenden, Regierungschef Ehud Olmert, sechs Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Bestechung laufen. Olmert hatte dem öffentlichen Druck und der Forderung seines Koalitionspartners, der Arbeitspartei, nachgegeben und vorgezogenen Wahlen zum Parteivorsitz zugestimmt.

Außer Livni und Mofas waren Polizeiminister Avi Dichter und Innenminister Meir Schitrit angetreten. Beide konnten nur wenige Prozentpunkte erzielen. Für Mofas ist die Niederlage schmerzvoll, da er sich seines Sieges so sicher gewesen war, dass er noch am Wahltag ein exaktes Endergebnis von 43,7 Prozent für sich vorhergesagt hatte.

Es ist das dritte Mal in der noch jungen Geschichte der Kadima-Partei, dass sie einen neuen Vorsitz braucht. Sie war im Herbst 2005 überraschend vom damaligen Premierminister Ariel Scharon gegründet worden. Er hatte zuvor nach Streit den rechten Likud verlassen. Livni war eine der ersten Likud-Politikerinnen, die Scharons Neugründung beitraten.

Im Januar 2006 fiel Scharon nach einem Gehirnschlag ins Koma, aus dem er bis heute nicht erwacht ist. Olmert folgte ihm als Parteichef nach und wurde kurz danach vom Volk zum Premierminister gewählt. Eines der Hauptziele Olmerts war, bis spätestens 2010 einen Großteil der jüdischen Siedlungen im Westjordanland aufzulösen.

Seine Amtszeit wurde durch den zweiten Libanonkrieg überschattet. Eine Untersuchungskommission hatte Olmert im vergangenen Jahr schwere Fehler bei der Führung des Krieges gegen die Hisbollah im Süden Libanons angelastet. Anschließend hatte Livni ihn öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Seitdem war das Verhältnis zwischen beiden gespannt.

Die Wahl zum Vorsitz der Kadima-Partei hat große Bedeutung. Gewinnerin Livni hat sechs Wochen Zeit, um eine neue Regierungskoalition zu bilden. Gelingt ihr das, wäre sie Regierungschefin. Livni wäre dann nach Golda Meir die zweite Frau in der 60 Jahre alten Geschichte Israels, die die Regierung führte.

Welches Ministerium Mofas erhalten würde, ist unklar. Beide haben unterschiedliche Auffassungen über die Zukunft des Friedensprozesses. Es scheint ausgeschlossen, dass Livni Mofas das Verteidigungsministerium anvertrauen wird, das er bereits einmal geführt hatte und nach dem er wieder strebt.

Livni möchte die israelisch-palästinensischen Friedensgespräche fortsetzen, während Mofas dagegen ist. Er sperrt sich gegen Verhandlungen mit den Palästinensern über eine Zwei-Staaten-Lösung, solange die radikale Hamas im Gaza-Streifen herrscht.

Im Atomstreit mit Iran setzt Livni auf eine diplomatische Lösung, Mofas dagegen drohte Teheran mit einem Militärschlag. Sollte es Livni nicht gelingen, eine tragfähige Regierungskoalition zu bilden, käme es in drei Monaten zu vorgezogenen Wahlen in Israel. Umfragen zufolge würde die rechte Likud-Partei von Oppositionsführer Benjamin Netanjahu die stärkste Fraktion im Parlament stellen.

Treffen mit Abbas

Das jüngste Treffen zwischen Regierungschef Olmert und Palästinenserpräsident Machmud Abbas in Jerusalem in der Nacht zum Mittwoch ist nach Angaben von Regierungssprecher Mark Regev ergebnislos verlaufen. Es war das letzte Mal, dass Olmert den Palästinenser als Parteichef empfangen hat. Über den Inhalt der Gespräche wurden keine Angaben gemacht.

Regev sagte, Olmert und Abbas würden sich Ende September erneut treffen und nährte damit Spekulationen über den Zeitpunkt, an dem Olmert das Amt des Premiers niederlegen will. Olmert wird noch so lange geschäftsführend im Amt bleiben, bis seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger eine neue Koalitionsregierung gebildet hat. Sollte das Olmerts Nachfolger nicht gelingen, bliebe er bis zu vorgezogenen Wahlen im Amt. Regierungssprecher Regev betonte, Olmert werde die Gespräche mit Abbas fortsetzen, solange er im Amt sei.

© SZ vom 18.09.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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