Olaf Scholz:Luftnummer

Lesezeit: 1 min

Der Bundesfinanzminister gilt als Hanseat mit guten Manieren. Diesen Ruf hat der SPD-Mann in den vergangenen Tagen aber bei diversen Gelegenheiten aufs Spiel gesetzt.

Von cerstin Gammelin

Olaf Scholz wird gerne als typischer Hanseat gesehen. Einer, mit dem man so klassische Attribute verbindet wie bescheiden sein, aber auch gediegen; distanziert und zugleich höflich. Kurzum, ein Hanseat mit guten Manieren. Der Bundesfinanzminister hat diesen Ruf in den letzten Tagen allerdings bei verschiedenen Gelegenheiten aufs Spiel gesetzt.

Es begann mit einem Flug, der eigentlich Entwicklungshilfeminister Gerd Müller und eine größere Delegation nach Ghana bringen sollte. Weil die Maschine der Luftwaffe eine Panne hatte, wollte Müller auf die andere Regierungsmaschine umbuchen. Diese hatte jedoch Vizekanzler Scholz für einen Kurztrip nach Brüssel gebucht. Obwohl täglich mehrere Linienflüge Berlin-Brüssel-Berlin angeboten werden, sah sich Scholz wegen enger Terminplanungen nicht in der Lage, dem Kollegen das Flugzeug für dessen mehrtägigen Trip nach Afrika zu überlassen.

Und dann ist das mit der Distanz so eine Sache: Bereits vergangenes Jahr hatte die FDP über Twitter nach Scholz gesucht, unter #WoIstScholz. Die Liberalen im Bundestag wollten, dass der Bundesfinanzminister im Haushaltsausschuss aufklären sollte über seine Haushaltsplanungen. Scholz kam nicht.

Die Suchanzeige aber rauscht seither immer wieder durchs Netz - und die reale Welt. Am Mittwoch tagte wieder der Haushaltsausschuss. Scholz hat kürzlich ein 25-Milliarden-Euro-Loch in der Finanzplanung ausgemacht. Er sollte den Abgeordneten "Rede und Antwort zu seinem Haushaltsloch stehen", forderte der Grüne Sven-Christian Kindler. Aber Scholz blieb fern. Er stellte stattdessen das neue Buch von Thomas de Maizière vor. "Regieren. Innenansichten der Politik". Es geht darin um Politik als Handwerk. "Ich war die Büroklammer. Und du warst der Scholzomat", sagt der Ex-Innenminister. Die beiden verstehen sich.

Was folgt, ist die nächste Suchanzeige. Am Donnerstag ist der Finanzminister wieder nicht dabei, als die Abgeordneten in der parlamentarischen Kernzeit, in der selbst die Kanzlerin oft im Bundestag sitzt, über Steuerpolitik debattieren. Die Linken beantragen, Scholz herbeiholen zu lassen. Mit Mühe erzielt die Koalition eine Mehrheit gegen den Antrag. Den Kratzer im Image kann sie nicht verhindern.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: