Oettingers ehrgeizige Pläne:Mehr Kinder für das Ländle

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Baden-Württemberg will die Ganztagsbetreuung verbessern.

Bernd Dörries

In den vergangenen Wochen waren die Spitzenpolitiker der Parteien im ganzen Land unterwegs und konnten sich so aus ihren Dienstwägen heraus auch einen guten Überblick über die Verkehrslage in Baden-Württemberg verschaffen.

Manchmal standen sie im Stau. Das Straßennetz in Baden-Württemberg befindet sich in einem schlechten Zustand und ist überlastet. Die A 8 in Richtung Westen ist teilweise noch im Originalzustand aus der Nazizeit.

So zu sein, wie die ganze Republik eigentlich sein sollte

Im Wahlkampf erzählte Günther Oettinger, der ohnehin in Zahlen vernarrt ist, immer wieder von den guten Statistiken des Landes: niedrigste Arbeitslosigkeit, beste Universitäten und so weiter.

Man lebt hier ein wenig in der Gewissheit, so zu sein, wie die ganze Bundesrepublik eigentlich sein sollte. Von den Zahlen her ist das auch nicht ganz falsch. Aber das Land hat mittlerweile auch Probleme. Ein Symbol dafür, dass man nicht mehr unverwundbar ist, sind die Ankündigungen von DaimlerChrysler, massiv Arbeitsplätze abzubauen.

Abgebaut werden muss in den kommenden Jahren wohl auch im öffentlichen Dienst; das Land steht auch in der Relation der dort Beschäftigten im Vergleich zur Einwohnerzahl auf einem Spitzenplatz, was aber nicht so offenherzig verkündet wird.

Will man nicht in der in den kommenden Jahren anrollenden Pensionslawine ersticken, bleibt wohl nur die Lösung, die Zahl der Stellen zu reduzieren. Der Fraktionschef der Grünen, Winfried Kretschmann, hat im Wahlkampf bereits eine Zahl genannt: 20.000 Stellen will er abbauen.

Nur so kann es auch gelingen, den Haushalt des Landes, der immer wieder an der Grenze zur Verfassungsmäßigkeit liegt, zu sanieren. Bis 2011, so wollen es CDU und FDP, soll es gelingen, die Neuverschuldung auf null zu drücken. Und dann ist da das Verkehrsproblem.

Es gibt unter den Parteien im Parlament Einigkeit, dass das Verkehrsnetz im Land den gegenwärtigen Anforderungen nicht mehr gewachsen ist und dieses Problem als eines der dringendsten nach der Wahl angegangen werden muss.

Über das Wie gibt es natürlich große Meinungsunterschiede. Die Grünen wollen naturgemäß vor allem den öffentlichen Nahverkehr und die Bahnstrecken ausbauen oder zumindest erhalten. Die Regionalisierungsmittel des Bundes dürften deshalb nicht gekürzt werden, sagen sie.

Ministerpräsident Oettinger will sich nach seiner Wiederwahl vor allem in Berlin um neue Finanzmittel für den Straßenbau bemühen. Weil aber auch in der Hauptstadt das Geld kaum vorhanden ist, wird es wohl darauf hinauslaufen, die Sraßen durch Private wieder in Stand setzen zu lassen. Am Aichelberg entsteht in den nächsten Jahren die erste mautpflichtige PKW-Strecke auf einer Autobahn.

Besser zu Hause bleiben

Das wohl umfangreichste Zukunftsprojekt ist der Ausbau der Ganztagsbetreuung. Dass Baden-Württemberg hier im Bundesschnitt nicht gut da steht, hat vor allem ideologische Gründen: Es passte nicht zu Erwin Teufels Wertevorstellung, dass Mütter auch berufstätig sind.

Die Sozialdemokraten hatten lange Jahre auf dieses Defizit aufmerksam gemacht, nun hat Oettinger das "Kinderland Baden-Württemberg" ausgerufen. Dieses Ziel hat der Ministerpräsident zu seinem größten Projekt gemacht, an dem auch sein Erfolg der kommenden Amtszeit gemessen werden muss.

Selbst die Warteschleife in der Telefonanlage im Staatsministerium informiert, was da alles kommen soll. Oettinger möchte die Zahl der Betreuungsangebote vervierfachen. Weil aber nicht genügend Geld da ist, sollen verstärkt Ehrenamtliche für solche Tätigkeiten gewonnen werden. Ob das gut geht, wird sich zeigen.

© SZ vom 27.03.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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