Österreich:Untersuchungsausschuss gefährdet Regierungsbildung

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SPÖ und ÖVP führen momentan Koalitionsverhandlungen. Dennoch bestehen die Sozialdemokraten darauf, den Kauf neuer Eurofighter-Kampfflugzeuge zu überprüfen. Die bisher regierende ÖVP ist empört - und droht damit, die Gespräche platzen zu lassen.

Michael Frank

Ein schwerer Konflikt zwischen den beiden Parteien, die eigentlich die neue Regierung in Österreich bilden sollen, hat die Konstituierung des neuen Nationalrates in Wien überschattet. Die Sozialdemokraten (SPÖ) unter Alfred Gusenbauer bestanden darauf, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird, der prüfen soll, ob beim Kauf neuer Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter alles mit rechten Dingen zugegangen sei.

Die Untersuchung richtet sich in erster Linie gegen die Volkspartei (ÖVP) und deren bisherigen Koalitionspartner Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), die in ihrer Regierungszeit zusammen den Kauf beschlossen hatten.

Parallel führen SPÖ und ÖVP derzeit im Auftrag von Bundespräsident Heinz Fischer Koalitionsverhandlungen. Die christsoziale Volkspartei, die bislang mit Wolfgang Schüssel den Kanzler stellte, kündigte an, die Verhandlungen auszusetzen oder abzubrechen, sollte der Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnehmen.

"Sternstunde des Parlamentarismus"

SPÖ-Chef und Kanzleraspirant Gusenbauer nannte dessen Einsetzung hingegen eine Sternstunde des Parlamentarismus, dessen Hauptaufgabe die Kontrolle von Machtstrukturen und Entscheidungen sei.

Aus den Reihen der SPÖ wurde der Widerstand der ÖVP als taktisches Spiel abgetan, um die Koalitionsverhandlungen zu sabotieren. Wenn die ÖVP nichts zu verbergen habe, könne sie getrost der Untersuchung zustimmen, hieß es.

Im übrigen wünschte sich Gusenbauer künftig ein offenere Parlamentsarbeit. Nicht die Herkunft, sondern die Qualität der Vorschläge sollten Maßstab sein, wie mit Vorlagen umgegangen werde. Oppositionsabgeordnete sollten aktiv an der Gesetzgebung beteiligt werden. Das habe es bisher leider nicht gegeben.

Die Volkspartei, namentlich Bundeskanzler Schüssel und der geschäftsführender Fraktionschef Wilhelm Molterer, warfen der SPÖ vor, sie führe hinter dem Rücken der ÖVP "Parallelverhandlungen" mit anderen Parteien. In der Tat kam der Untersuchungs-Ausschuss nur mit einer Mehrheit von SPÖ, Grünen und den Freiheitlichen zustande, die am rechten Rand des parlamentarischen Spektrums stehen.

Hier, so die Kritik der Volkspartei, werde eine andere Mehrheit geschmiedet, die dem Vorhaben, eine große Koalition zu bilden, zuwiderlaufe.

Kein rein weibliches Präsidium

Das Vorhaben, dem österreichischen Nationalrat ein rein weibliches Präsidium zu geben, scheiterte an der Volkspartei. Zum Nachfolger von Andreas Khol (ÖVP) wurde zwar die frühere Frauenministerin Barbara Prammer von der SPÖ gewählt, die die stärkste Fraktion stellt. Sie ist die erste Nationalratspräsidentin und erste Parlamentsvorsitzende in Österreichs Geschichte überhaupt.

Zweiter Präsident wurde jedoch Michael Spindelegger von der ÖVP, der sich in einer Kampfabstimmung in seiner Fraktion als Kandidat gegen Jstizsprecherin Maria Fekter knapp durchgesetzt hatte. Eva Glawischnig, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen, wurde erwartungsgemäß dritte Nationalratspräsidentin.

© SZ vom 31.Oktober 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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