Ökumenischer Kirchentag:Kirchentag auf der Kippe

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Noch im September präsentierten die Verantwortlichen des ökumenischen Treffens stolz ein Hygienekonzept. Doch nun droht das Aus - oder der Rückzug ins Virtuelle.

Von Matthias Drobinski, Frankfurt

Mario Zeißig, der Sprecher des Ökumenischen Kirchentages (ÖKT), klingt not amused. Er sei schon "überrascht", was Frankfurts Bürgermeister, Kämmerer und Kirchendezernent Uwe Becker (CDU) da gesagt habe. Noch mehr habe er sich über die Überschrift gewundert, unter der die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Nachricht verkündete.

Die Aussage, die den ÖKT-Sprecher überrascht hat, lautet: Uwe Becker, der nach Oberbürgermeister Peter Feldmann wichtigste Repräsentant der Stadt Frankfurt, hat in der FAZ angedeutet, dass an der Absage des für Mai 2021 geplanten Christentreffens wohl kein Weg vorbeiführt. Eine Großveranstaltung mit 30 000 Menschen sei wohl auch dann nicht zu verantworten, der Pandemie sei's geklagt. Eine Entscheidung werde aber erst in den nächsten Tagen fallen. Die Überschrift über dem Text lautet: "Kirchentag wird abgesagt".

Kirchentag und Stadt beeilten sich am Mittwoch zu erklären, dass mitnichten das Aus für den dritten ökumenischen Kirchentag unter dem Leitwort "Schaut hin" feststehe: "Noch ist nichts entscheiden", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Stadt habe "großes Interesse" am ÖKT, der Kirchentag Verständnis für die schwierige Lage der Stadt. Die Gespräche würden "intensiv fortgesetzt".

Allerdings bezweifeln mittlerweile auch dem ÖKT sehr verbundene Kirchenvertreter, dass eine Absage oder der weitgehende Rückzug in diverse Online-Formate noch zu verhindern ist. Das Konzept eines hybriden Kirchentages, das die ÖKT-Präsidenten Bettina Limperg (evangelisch) und Thomas Sternberg (katholisch) noch im September stolz vorstellten, steht jedenfalls auf der Kippe.

Dem Konzept zufolge sollten statt der ursprünglich 100 000 Teilnehmenden nicht mehr als 30 000 Menschen teilnehmen, an dezentralen Veranstaltungsorten mit Maske, Abstand, reichlich Desinfektionsmittel sowie Corona-Schnelltest. Alle anderen sollten online an den Veranstaltungen teilnehmen können. Thomas Sternberg versprach im September: "Für uns steht außer Frage, dass die geltenden Corona-Regeln erfüllt werden."

Ende Oktober hat der Kirchentag der Stadt ein aktualisiertes Hygienekonzept vorgelegt, das, so ÖKT-Sprecher Zeißig, "der neuen Lage Rechnung trägt". Doch offenbar ist dort die Skepsis gewachsen, ob bis Mai irgendein Konzept der Lage Rechnung tragen kann. Derzeit gehört Frankfurt zu den Corona-Hotspots in Deutschland, am Mittwoch betrug die Sieben-Tage-Inzidenz fast 280 pro 100 000 Einwohner.

Der Teil-Lockdown trifft die Stadt des Handels und der Reisenden hart. Bis zum Treffen ist es zwar noch ein halbes Jahr. Aber man muss mit großem Optimismus gesegnet sein, um zu glauben, dass bis dahin die Pandemie Geschichte ist. Und dass es keinen Ärger gibt, wenn viele Großveranstaltungen abgesagt sind - und der Kirchentag weiter planen darf.

Den ÖKT-Verantwortlichen dürften nun schwierige Entscheidungen bevorstehen. Ein kleiner Kongress, dem die große Kirchentagsgemeinde online zuschaut, dürfte wohl möglich sein - doch Kirchentage leben von der Begegnung, dem Liveerlebnis. Hundert Beschäftigte im Frankfurter ÖKT-Büro dürften nun bange Tage erleben.

Mario Zeißig, der ÖKT-Sprecher sagt: "Wir kämpfen darum, dass der ÖKT stattfinden kann."

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