Seit einigen Jahren ist das "lebenslange Lernen" zum Modebegriff geworden. Wissenszuwachs mindestens bis zur Rente wird da propagiert. Doch das setzt voraus, dass die Bürger überhaupt in der Lage sind, auf einem vernünftigen Fundus von Wissen und Können aufzubauen.
Nun aber zeigt das "Erwachsenen-Pisa": Die 16- bis 65-Jährigen hierzulande lesen und rechnen im internationalen Vergleich nur mittelmäßig, fast ein Fünftel von ihnen versteht Texte nur so gut, wie ein Zehnjähriger das tut.
Mit dem Finger auf die Bildungspolitik zu zeigen, wäre aber voreilig. Zur Schule gingen die Befragten überwiegend vor dem Pisa-Schock von 2001, der das Land der Dichter und Denker aus dem Bildungstiefschlaf erweckt hat.
Seit Pisa aber hat sich viel getan: Bildungsforschung und neue Unterrichtskonzepte, Sozialarbeiter, Ganztagsschulen. Es ist freilich noch lange nicht genug; der Bildungserfolg bleibt maßgeblich abhängig vom Geldbeutel der Eltern. Aber ein guter Weg ist eingeschlagen.
Bei all der Bildungseuphorie der vergangenen Dekade hat man aber vergessen, dass die Schulen vorher über Jahrzehnte Scharen von Bildungsverlierern ins Leben entlassen haben.
Sie haben von all den Reformen nicht mehr profitiert. Aber die Wirtschaft muss sich Fragen stellen lassen: Die Arbeitslosigkeit ist gering, viele der Betroffenen sind also in Lohn und Brot. Wenn man die Floskel vom "lebenslangen Lernen" ernst nimmt, warum kümmert man sich nicht um die (Weiter-)bildung dieser Menschen? Wohl deshlab, weil das teuer ist, und diese Arbeitnehmer keine Lobby haben.