Obamas Pläne für Guantanamo:Vision und Wirklichkeit

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Jeder siebte Guantanamo-Entlassene wird rückfällig: Das ist das brisante Ergebnis einer Studie des Pentagon - und Obama will nun seine Pläne für die Schließung vorlegen.

Es war eines seiner wichtigsten Wahlversprechen: Bei seinem Amtsantritt im Januar 2009 kündigte Obama an, das umstrittene Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba bis 2010 schließen zu wollen. Doch nun haben die Pläne des US-Präsidenten gleich mehrere Rückschläge erlitten.

Obama und die Probleme mit dem Wechsel: An diesem Donnerstag will er seine Pläne zur Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo vorlegen, es war eines seiner wichtigsten Versprechen im Wahlkampf. (Foto: Foto: AFP)

Jetzt gibt auch noch eine Studie des Verteidigungsministeriums den Gegner eine regelrechte Argumentionshilfe: Die New York Times zitiert aus einem bislang noch unveröffentlichten Bericht, wonach sich jeder siebte der bislang 534 aus dem US-Gefangenenlager entlassenen Häftlingen erneut dem Terror verschrieben hätte oder militant aktiv geworden sei.

Wie die Zeitung online unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, wird der Bericht mit Rücksicht auf die Pläne von US-Präsident Barack Obama, Guantanamo bis Januar nächsten Jahres zu schließen, zurückgehalten. Obama will sich an diesem Donnerstag in einer Rede zu seinen Plänen äußern.

Dem Bericht zufolge geht das Pentagon davon aus, dass 74 aus Guantánamo in ihre Heimat- oder Drittländer entlassene Häftlinge zum Terror zurückgekehrt sind, was einer Rückfallquote von fast 14 Prozent entspreche.

Politische Brisanz

Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums hätten den Bericht aus Angst zurückgehalten, die Regierung zu verärgern, berichtete die New York Times weiter. Von Regierungsseite sei dies nicht bewirkt worden. Der Wille zur Veröffentlichung sei im Ministerium sehr gering gewesen, bestätigte ein namentlich nicht genannter Pentagon-Vertreter dem Blatt: "Wenn wir ihn (den Bericht) zurückhalten, sagt jeder, das ist politisch und ihr schützt die Regierung Obama. Und wenn wir ihn rausgeben, sagt jeder, ihr untergrabt Obama." Das Pentagon hatte dem Zeitungsbericht zufolge bereits im Januar die baldige Veröffentlichung des neuesten Berichts angekündigt.

Die neuen Zahlen dürften Kritiker des Präsidenten stärken, die vor einer Freilassung weiterer Terrorverdächtiger warnen. Auch in Deutschland und anderen Ländern, die von der US-Regierung um Aufnahme entlassener Häftlinge gebeten wurden, gibt es Sicherheitsbedenken. Menschenrechtler hatten in der Vergangenheit jedoch Zweifel an den vom Pentagon genannten Zahlen geäußert, da sie wenig konkret und nur schwer zu überprüfen seien.

An diesem Donnerstag will nun Obama in einer Rede einen detaillierten Schließungs-Plan vorstellen. Die Rede wird um 10 Uhr Ortszeit an der Universität Georgetown stattfinden. Der Präsident werde alle noch offenen Fragen in der Sache ansprechen, hieß es aus dem Weißen Haus. Demnach hätte Obama noch nicht endgültig entschieden, wohin sämtlinge Häftlinge verlegt werden sollen. Über das künftige Schicksal von einigen Betroffenen werde noch in Arbeitsgruppen beraten, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. Wichtigste Aufgabe Obamas sei es, die Sicherheit der Amerikaner zu garantieren, sagte er. Es wird erwartet, dass der frühere republikanische Vize-Präsident Dick Cheney, das Wort für die Gegner der Schließung ergreift.

Niederlage auch im Senat

Am Mittwoch erlitt Obama unterdessen eine schwere Schlappe: Nach dem Repräsentantenhaus verweigerten auch die Senatoren mit überwältigender Mehrheit die Bereitstellung der 80 Millionen Dollar (59 Millionen Euro), die Obama für die Schließung des weltweit kritisierten Lagers beantragt hatte. 90 Senatoren verweigerten die Finanzzusage, nur sechs stimmten dafür.

Senatoren beider Parteien sind besorgt, dass viele der 240 Häftlinge in die USA verlegt werden könnten. Obama halte aber trotz der Entscheidung des Senats an seinen Schließungsplänen fest, sagte der Sprecher des Weißen Hauses weiter.

Auch Deutschland und Europa tun sich bei der Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen schwer. Erst kürzlich erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin, die Bundesregierung habe sich noch nicht festgelegt. Man befinde sich noch ganz am Anfang der Gespräche mit der US-Regierung und anderen EU-Ländern.

Erster Guantanamo-Insasse vor zivilem US-Gericht

Unterdessen wurde bekannt, dass der erste Guantanamo-Häftling in den USA vor ein ziviles Gericht gestellt werden soll. Das aus Tansania stammende mutmaßliche Al-Qaida-Mitglied Ahmed Ghailani soll sich vor einer New Yorker Jury für 1998 verübte Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania verantworten. Bei den Anschlägen waren 224 Menschen ums Leben gekommen.

Obama werde die Überstellung Ghailanis, der auch Leibwächter von Terrorchef Osama bin Laden gewesen sein soll, nach New York voraussichtlich in seiner Rede offiziell bekanntgeben, berichtete der Fernsehsender CNN .

Unterdessen wurde bekannt, dass die US-Bundespolizei FBI möglicherweise Bombenanschläge in New York vereitelt hat: Vier Männer sind wegen eines mutmaßlichen Anschlagsplans in New York festgenommen worden.

© sueddeutsche.de/dpa/hai/lala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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