Obama will Deutschland besuchen:Noch ein Berliner

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Er sieht sich in der Tradition von John F. Kennedy und setzt auf Symbolik: Barack Obama möchte am Brandenburger Tor reden. Im Kanzleramt ist von Begeisterung aber keine Spur.

Daniel Brössler

Eigentlich muss sich Michael Steltzer nicht wundern. Im Zeitalter der Globalisierung führen die Fäden der Politik in den letzten Winkel der Welt, warum also nicht auch in sein Fachgeschäft für Drachen und Jonglierbedarf im Berliner Stadtteil Schöneberg? Der Deutsch-Amerikaner ist Berliner Vorsitzender der Democrats Abroad, der US-Demokraten im Ausland.

Auf der Suche nach den großen Auftritten - Barack Obama (Foto: Foto: AP)

Und wenn schon Bundeskanzleramt und Auswärtiges Amt über den Ablauf des baldigen Besuchs des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama wenig mit letzter Bestimmtheit sagen können, so müsste doch dessen Berliner Parteifreund Steltzer Bescheid wissen. "Die Leute rufen mich an und fragen, wo sie Obama sehen können", berichtet der Demokrat. Doch auch Steltzer weiß es nicht genau. "Haltet euch bereit", rät er den Anrufern.

Sicher lässt sich mittlerweile sagen, dass Obama am 24. Juli in der deutschen Hauptstadt eintrifft, einen Tag später wird er schon in Paris erwartet. Bekannt ist mittlerweile auch, dass der Senator aus Illinois eine Rede dort zu halten wünscht, wo Präsident Ronald Reagan 1987 rief: "Herr Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor. Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer ein."

Das Brandenburger Tor ist längst offen, die Mauer weg - was bleibt, ist ein geschichtsträchtiger Rahmen für einen Auftritt, der den Fernsehzuschauern in Amerika wenigstens ein paar Tage in Erinnerung bleiben soll. Obama legt Wert auf Symbolik, weshalb er für die feierliche Annahme seiner Kandidatur in den USA bereits ein Footballstadion für den 28. August gebucht hat, jenen Tag, an dem sich zum 45. Mal die "I have a Dream"-Rede des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King jährt.

Obama sieht sich in der Tradition Kings, aber eben auch in jener John F. Kennedys, der einst in Berlin bekannt hatte, ein Berliner zu sein. Es dürfte dem deutschen Botschafter in den USA, Klaus Scharioth, leicht gefallen sein, die Berater Obamas davon zu überzeugen, Berlin in die Pläne für eine Europareise aufzunehmen. Gefragt, was man besichtigen müsse, antwortete er: "Checkpoint Charly, Jüdisches Museum und das Brandenburger Tor." Zur Idee eines Auftritts eben dort war es dann kein weiter Weg mehr, gibt es doch keinen anderen Ort in der Bundesrepublik, der dem amerikanischen Publikum so vertraut wäre.

Mit der Kanzlerin höchstens ein Fototermin

Dem Bewerber um die Präsidentschaft geht es um gute Bilder, doch im Kanzleramt kommt das eher schlecht an. "Allergrößte Skepsis" hege man, heißt es aus der Umgebung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ebenso wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird die Kanzlerin Barack Obama empfangen. "Es gehört zu den Gepflogenheiten, den Kandidaten als Kandidaten zu empfangen", heißt es dazu im Kanzleramt, also eben nicht als Fast-schon-Präsidenten.

Öffentlich wird es mit der Kanzlerin zusammen höchstens einen Fototermin geben, keinesfalls aber eine Pressekonferenz. Die Kanzlerin will den republikanischen Rivalen John McCain nicht verärgern und möglichst wenig Aufhebens machen - wozu eine Massenkundgebung am Brandenburger Tor nicht wirklich passt. In die Planungen der Obama-Berater sei man nicht eingebunden gewesen, wird im Kanzleramt betont. Genehmigen könne die Veranstaltung aber allein der Berliner Senat.

Er sei dafür, lässt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wissen. Ebenso wie Michael Steltzer. Das Brandenburger Tor sei doch "der richtige Platz schlechthin - wegen seiner Symbolkraft."

© SZ vom 09.07.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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