Obama in der Türkei:"Die USA sind nicht im Krieg mit dem Islam"

Lesezeit: 2 min

Präsident Obama wirbt um Neuanfang mit muslimischen Ländern und kündigt einen respektvollen Umgang an.

Kai Strittmatter

Der amerikanische Präsident Barack Obama hat der muslimischen Welt einen Neuanfang in den Beziehungen versprochen. In einer Rede vor dem türkischen Parlament am Montag in Ankara sagte Obama: "Lassen Sie es mich klipp und klar sagen: Die USA sind nicht im Krieg mit dem Islam." Washington werde in Zukunft "ein aufmerksamer Zuhörer" sein. "Wir werden uns respektvoll verhalten, auch dann, wenn wir anderer Meinung sind."

US-Präsident Barack Obama mit dem türkischen Präsidente Abdullah Gül. (Foto: Foto: AFP)

Zudem warb er für engere Beziehungen zwischen den USA und dem Natopartner Türkei. Obama versprach Ankara volle Unterstützung gegen den Terror der Kurdischen Arbeiterpartei PKK und schien von seinem Wahlversprechen abzurücken, wonach er die Massaker an den Armeniern 1915/16 offiziell "Völkermord" nennen wollte.

Der Türkeibesuch Obamas war mit Spannung erwartet worden. Es ist die erste Reise des US-Präsidenten in ein vorwiegend muslimisches Land. Zudem hat das amerikanisch-türkische Verhältnis unter Obamas Vorgänger George W. Bush und dessen Irak- und PKK-Politik besonders gelitten.

In Umfragen hatten die Türken mehrfach die weltweit stärksten antiamerikanischen Gefühle geäußert. Zumindest die Person Obama aber kommt in der Türkei ebenso gut an wie im Rest der Welt.

Obama sparte nicht mit Lob für sein Gastgeberland, das er einen "wichtigen Teil Europas" nannte und dessen Platz er erneut "mit Nachdruck" in der EU sah. Er pries die diplomatischen Anstrengungen Ankaras im Mittleren Osten ebenso wie die demokratischen Reformen der letzten Jahre.

Gleichzeitig nützte der US-Präsident seine Rede vor dem Parlament, von der Türkei weitere Reformen bei Religions- und Meinungsfreiheit anzumahnen. Konkret forderte er die Wiedereröffnung des orthodoxen Priesterseminars auf der Istanbuler Insel Halki, die ein "starkes Signal" wäre. Die EU fordert das schon seit Jahren vergeblich.

Zum Thema Armenien sagte Obama, unverarbeitete Geschichte laste schwer auf einer Nation: "Jedes Land muss seine Vergangenheit aufarbeiten." Von seinem Vorhaben, die Vernichtung der Armenier in Anatolien vor fast 100 Jahren als erster US-Präsident auch offiziell einen "Völkermord" zu nennen, schien Obama jedoch abzurücken. Seine Meinung habe sich zwar nicht geändert, sagte Obama nach einem Treffen mit Staatspräsident Abdullah Gül. Die USA wollten aber "konstruktiv" sein und Türken und Armeniern nicht in die Quere kommen bei ihrer gemeinsamen Aufarbeitung der Vergangenheit.

Ebenfalls am Montag stattete der neue Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen Istanbul einen Besuch ab. Eine Entschuldigung für sein Verhalten in der Krise um die Mohammed-Karikaturen 2006, wie von Ankara erhofft, hatte der Däne nicht mitgebracht, dafür versöhnliche Worte. Einer seiner Schwerpunkte würden "Dialog und Zusammenarbeit" mit den Muslimen sein, versprach er.

Obamas Forderung nach einem EU-Beitritt der Türkei löste in Deutschland eine Kontroverse aus.

© SZ vom 07.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: