Noten für Bundesländer:Wo die Demokratie am direktesten ist

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  • Dem aktuellen Volksbegehrensbericht des Vereins "Mehr Demokratie e.V." schafft Hamburg unter den Bundesländern die besten Bedingungen für Bürgerbeteiligung. Baden-Württemberg schneidet am schlechtesten ab.
  • Der einzige Volksentscheid Deutschlands fand im vergangenen Jahr in Berlin statt. Dort stimmten die Bürger gegen die Bebauung des Tempelhofer Felds.
  • Ob mehr direkte Demokratie tatsächlich zu besserer Demokratie führt, wie vom Verein angenommen, ist umstritten.

Von Hannah Beitzer

Die Hamburger? Dürfen gerne mitmachen in der Politik. Die Baden-Württemberger hingegen haben es nicht so leicht, wenn sie mal etwas gegen den Willen der Regierung durchsetzen wollen. Zu dieser Erkenntnis kommt der Volksbegehrensbericht 2015 von "Mehr Demokratie e. V.".

Der Verein setzt sich - selbsterklärender Name - für mehr direkte Demokratie in Deutschland ein und verteilt in diesem Sinne Noten. Hamburg ist der Musterschüler, als einziges deutsches Bundesland erhält die Hansestadt ein "gut". Bremen und Bayern erreichen immerhin befriedigende Leistungen, danach reicht es von Nordrhein-Westfalen über Berlin bis hin zu Brandenburg nur noch für ausreichend. Mangelhaft schneiden Hessen, das Saarland und Schlusslicht Baden-Württemberg ab.

2014 fand in Deutschland nur ein Volksentscheid statt

Der Verein untersucht in seinem jährlichen Bericht etwa, wie viele Unterschriften eine Initiative sammeln muss, um einen Volksentscheid anzustoßen, wie lange die Fristen sind und ob es genügt, Unterschriften auf der Straße zu sammeln, oder ob die Menschen sich in Listen in Rathäusern eintragen müssen. Je niedriger die Hürden, je mehr Verfahren mit direkter Bürgerbeteiligung, desto besser. So lautet die Formel von "Mehr Demokratie".

Die meisten Verfahren gab es in den vergangenen zehn Jahren in Hamburg, dicht gefolgt von Berlin - obwohl dort die Hürden gar nicht so gering sind. Dort fand 2014 auch der einzige Volksentscheid Deutschlands statt. Die Berliner stimmten darin gegen die vom Senat beschlossene Bebauung des Tempelhofer Feldes. "Mehr Demokratie" will, dass auch auf Bundesebene Volksentscheide eingeführt werden. "Deutschland ist das einzige Land in der EU, das noch nie eine Volksabstimmung über bundespolitische Themen erlebt hat", sagt Sprecher Ralf-Uwe Beck.

Führt mehr direkte Demokratie zu einer besseren Demokratie?

Ob jedoch mehr direkte Demokratie automatisch zu einer besseren Demokratie führt, ist umstritten. Studien zeigen etwa, dass in Bürgerinitiativen, die die Verfahren häufig anstoßen, ohnehin privilegierte Gesellschaftsschichten überrepräsentiert sind: Akademiker, Rentner, Lobbyisten. Andere Gruppen - Migranten oder Familien mit kleinen Kindern - werden nicht mitgenommen. Das Instrument, mit dem die soziale Ungleichheit am geringsten ist, sind demnach normale Wahlen.

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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