Nordkorea:Diplomat unter Verdacht

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Malaysia sucht den nordkoreanischen Botschaftssekretär - er soll den Mord am Halbbruder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un beauftragt haben. In Südkroea mutmaßt eine Nordkorea-kritische Bürgerinitiative über das Gift.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Der Krimi um die Ermordung des Halbbruders des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un geht weiter: Nun suchen die Sicherheitskräfte Malaysias den Zweiten Sekretär der nordkoreanischen Botschaft in Kuala Lumpur als Mörder. Er soll den Anschlag organisiert haben, einer seiner Komplizen soll ein Angestellter der nordkoreanischen Airline Air Koryo sein. Die beiden Verdächtigen hielten sich in der nordkoreanischen Botschaft versteckt, so die malayische Polizei am Mittwoch. Zusammen mit sechs Mittätern, von denen sich vier nach Nordkorea absetzen konnten, sollen die Männer zwei angeblich ahnungslose Frauen angestiftet haben, Kim zu vergiften. Die Frauen, eine Vietnamesin und eine Indonesierin, behaupten, die Männer hätten ihnen vorgegaukelt, sie nähmen an einem harmlosen Streich für eine Fernsehsendung mit versteckter Kamera teil.

Tan Sri Khalid Abu Bakar, der Generalinspektor der malayischen Polizei, äußerte am Mittwoch allerdings Zweifel an dieser Version. Die beiden seien geschult worden, Kim Gift ins Gesicht zu schmieren. "Sie wussten, was sie taten", sagte er vor der Presse. Die Nordkoreaner hätten den Frauen auch gezeigt, wie sie nach dem Angriff ihre Hände waschen sollten. Das Gift, mit dem Kim getötet wurde, so Khalid Abu Bakar weiter, konnte bei der Obduktion nicht identifiziert werden. Die Polizei bestätigte überdies Berichte, wonach Unbekannte versuchten, Kims Leiche zu stehlen. Am Mittwochmorgen hat Kim Han-sol, der 21-jährige Sohn des Ermordeten, die Leiche seines Vaters identifiziert.

Inzwischen hat Malaysia Nordkoreas Botschafter offiziell aufgefordert, ein Treffen von Ermittlern mit den beiden Verdächtigen zu ermöglichen. "Tut er das nicht, haben wir Mittel, sie zum Verlassen der Botschaft zu zwingen", so ein Polizeisprecher. Nach den üblen Beschimpfungen, mit denen der nordkoreanische Botschafter die malayische Polizei angriff, und dem Abzug des malayischen Botschafters aus Pjöngjang haben sich die Beziehungen der beiden Länder weiter verschlechtert.

In Südkorea behauptete am Mittwoch eine Nordkorea-kritische Bürgerinitiative, sie verfüge über Hinweise, dass die Tat mit einem Gift der "Einheit 810" ausgeführt worden sei, einem Labor für Biowaffen der nordkoreanischen Armee. Nordkorea habe den Giftstoff zuvor an etwa 20 politischen Gefangenen getestet. Belege für diese Behauptung lieferte die Gruppe jedoch nicht. Doch in diesem absurden und zudem äußerst stümperhaft ausgeführten Agententhriller scheint inzwischen nichts mehr unmöglich zu sein.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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