Niederlande:Und noch ein Referendum

Die EU quält ein weiterer Volksentscheid - im März haben die Holländer dagegen gestimmt, dass Europa ein Abkommen mit der Ukraine schließt. Alle anderen Mitgliedsländer haben es bereits ratifiziert.

Von Thomas Kirchner

Es gibt noch ein Referendum, das die EU quält. Im April lehnten die Wähler in den Niederlanden mit 61 Prozent ein Abkommen ab, das die Ukraine näher an die EU bindet. Was tun mit diesem unbequemen Votum, bei dem es in Wahrheit weniger um das osteuropäische Land ging als darum, der EU einen Schuss vor den Bug zu setzen? Alle anderen Mitgliedstaaten haben das Abkommen ratifiziert; schert Den Haag aus, platzt es.

Premier Mark Rutte, der das Nein seiner Landsleute bedauert, wollte erst einmal Zeit gewinnen und die Brexit-Abstimmung abwarten. Nun hat er den Kollegen beim Gipfel in Brüssel seinen Plan erklärt. Was er brauche, sei eine "rechtlich verbindliche" Lösung, die den niederländischen Bedenken Rechnung trage. In der Diskussion vor dem Referendum sei es vor allem um drei Punkte gegangen: die Sorge, dass das Abkommen ein erster Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft der Ukraine darstelle; die Sorge, dass die im Text erwähnte militärische Zusammenarbeit sich zu einer Sicherheitsgarantie auswachsen könnte; außerdem sollten Finanzhilfen für die Ukraine ausgeschlossen werden.

In welcher Form solche Garantien ausgesprochen werden sollen, weiß Rutte nach eigenen Angaben noch nicht, über den Sommer wird nun nachgedacht. Er selbst halte die Aussicht für gering, dass eine Lösung gefunden werde, "aber wir sollten es versuchen". Andernfalls werde er nicht unterzeichnen. Sicher wird man den Text des Abkommens nicht ändern wollen, denn sonst müsste neu ratifiziert werden. Denkbar wären ein Zusatzprotokoll oder andere Ergänzungen, wie sie etwa Irland oder Tschechien im Zusammenhang mit dem EU-Vertrag von Lissabon erhielten.

© SZ vom 30.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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