Niederlande:Gemächlich, aber nicht wie gewohnt

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Die Koalitionsverhandlungen brauchen hier normalerweise viel Zeit. Das gilt dieses Mal ganz besonders.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

In den Niederlanden hat die Suche nach einem Regierungsbündnis begonnen. Die Parteien lassen es gemütlich angehen. Erst am kommenden Mittwoch, zwei Wochen nach der Wahl, sollen die ersten konkreten Gespräche geführt werden. Erwartungsgemäß wird der Wahlsieger, die rechtsliberale VVD von Ministerpräsident Mark Rutte, mit den Christdemokraten und der sozialliberalen D66 verhandeln, die deutlich zulegen konnten. Diese drei werden nach allgemeiner Erwartung auf jeden Fall zusammen regieren, sie brauchen für eine Mehrheit aber einen weiteren Partner.

Zunächst soll daher mit Grün-Links gesprochen werden, das mehr als dreimal so viele Mandate wie 2012 erreicht hat. Spitzenkandidat Jesse Klaver willigte ein, gab sich aber pessimistisch. "Ich denke, es wird ziemlich schwierig werden", sagte er. Es bestünden "sehr große Differenzen". Ähnlich äußerte sich auch Rutte.

Zwar gehört es zu den Ritualen der niederländischen Regierungsbildung, die Erwartungen zu dämpfen. Doch rechnen Beobachter tatsächlich mit schwierigen Verhandlungen, die sich über Monate hinziehen könnten. Inhaltlich könnten drei Bereiche den Ausschlag geben: Zum einen wird Grün-Links auf höheren Ausgaben für die Umwelt bestehen, was den Instinkten in der VVD zuwiderläuft. Dasselbe gilt für den Wunsch der Grün-Linken, die Ungleichheit in der Gesellschaft zu reduzieren. Und nicht zuletzt wird Klaver auf eine sehr viel großherzigere Flüchtlingspolitik dringen. Zumindest im Wahlkampf hatte der Ministerpräsident genau das Gegenteil angekündigt.

Es könnte also sein, dass Klaver in die Opposition geht, um Kompromisse von der Art zu vermeiden, wie sie Ruttes bisherigem Koalitionspartner geschadet hatten. Die Sozialdemokraten waren bei der Wahl von 38 auf neun Sitze abgestürzt.

Die VVD ist im neuen Parlament mit 33 Sitzen stärkste Kraft. Auf Platz zwei folgt die islam- und EU-kritische Freiheitspartei von Geert Wilders mit 20 Sitzen, dahinter kommen Christdemokraten und D66 mit jeweils 19 Sitzen. Grün-Links und Sozialisten stellen jeweils 14 Abgeordnete.

Scheitern die Gespräche mit Grün-Links, wird Rutte vermutlich auf die Christen-Union zugehen. Wenn dies nicht zum Ziel führt, könnten die Sozialdemokraten noch ins Spiel kommen. Ein Bündnis mit Wilders haben die maßgeblichen Parteien ausgeschlossen.

© SZ vom 25.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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