Neuverschuldung:Merkel gegen Lockerung der Schuldenbremse

Lesezeit: 2 min

Die Bundeskanzlerin kritisiert die Forderung, das Verbot der Neuverschuldung aufzuweichen. Die SPD ist uneinig.

S. Höll, S. Braun und T. Öchsner

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt die Forderung der SPD ab, die geplanten staatlichen Verschuldungsbremsen noch zu lockern. Sie sehe die neue Debatte "skeptisch" und hoffe, das die Regelung als Teil der zweiten Föderalismusreform an diesem Freitag den Bundestag passiere, sagte Merkel. Die SPD-Führung unterstützt eine Initiative des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), im Bundesrat im Juni das ab 2020 geplante Verschuldungsverbot für die Bundesländer aufzuweichen.

Eine "Schuldenuhr" in Wiesbaden zeigt die Staatsverschuldung in Deutschland an(Archivfoto von 2008) (Foto: Foto: dpa)

Mit diesem Vorstoß will die SPD-Spitze versuchen, parteiinterne Kritiker der Schuldenbremse umzustimmen und eine Blamage an diesem Freitag im Bundestag zu verhindern. Dort soll das Gesetz verabschiedet werden. In einer Probeabstimmung in der SPD-Bundestagsfraktion stimmten am Dienstag etwa 20 Abgeordnete gegen die Schuldenbremse. Zuvor hatte Vizekanzler und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier für die Vereinbarung aus der Föderalismus-Kommission mit dem Argument geworben, man dürfe Union und FDP keinen Erfolg zu Lasten der SPD gönnen.

Keine Hilfe von der FDP

Für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag ist die Zustimmung von mindestens 408 Abgeordneten nötig. Union und SPD stellen zusammen 445 der insgesamt 612 Abgeordneten. Sollten mehr als 37 SPD-Abgeordnete gegen das Gesetz stimmen, hätte die große Koalition keine eigene Mehrheit.

Auf Hilfe aus der FDP, die das Projekt befürwortet, kann die große Koalition nicht fest zählen. In der FDP-Fraktion wurde für Freitag eine Enthaltung befürwortet. Sollten in diesem Fall mehr als drei Dutzend SPD-Abgeordnete dagegen stimmen, wäre die Föderalismusreform II wohl geplatzt.

Um eine Blamage oder gar ein Scheitern zu verhindern, hatte die SPD-Spitze gehofft, mit der Platzeck-Initiative zumindest einige ihrer Abgeordneten umzustimmen. Damit hatte sie nach Angaben aus SPD-Kreisen aber zunächst keinen durchschlagenden Erfolg. Bei einem Treffen von Fraktionschef Peter Struck mit Vertretern der drei SPD-Gruppierungen, der Parlamentarischen Linken, des Netzwerkes und des konservativen Seeheimer Kreises, hätten die Gegner auf ihrer Ablehnung beharrt, hieß es.

Müntefering wirbt um Zustimmung

Sie befürworten eine sparsame Haushaltspolitik, monieren aber zu enge Grenzen. Struck habe deutlich gemacht, dass er bei der Abstimmung Fraktionsdisziplin erwartet. In den SPD-Kreisen hieß es, eine hohe Zahl von Nein-Stimmen am Freitag wäre für Struck, aber auch die Parteiführung um Franz Müntefering und dessen Stellvertreter Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier "unschön".

Widerstand von SPD-Abgeordneten hatte mehrfach dazu geführt, dass Koalitionsprojekte geändert werden mussten oder, wie die Neuregelung der Abgeordnetendiäten oder Bundeswehreinsätze im Inneren, platzten. Müntefering warb in der SPD-Bundestagsfraktion nach Angaben von Teilnehmern vor der Probeabstimmung intensiv um Zustimmung zur Reform. Die Kritiker sollten sich überlegen, was ein Nein für die SPD und deren Bundestagswahlkampf bedeute, hieß es.

64 deutsche Hochschulprofessoren forderten die Regierung inzwischen auf, die Schuldenbremse zu stoppen. Sie "gefährdet die gesamtwirtschaftliche Stabilität und die Zukunft unserer Kinder" , heißt es in dem Appell, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Zu den Unterzeichnern gehört der Wirtschaftsweise Peter Bofinger.

© SZ vom 27.05.2009/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: