Neues Milliardenrisiko:VW-Affäre erfasst jetzt auch Benzin-Autos

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Der Wolfsburger Autokonzern entdeckt bei internen Untersuchungen falsche Angaben zum CO₂-Ausstoß. Erstmals sind nicht nur Diesel-Motoren betroffen. Damit weitet sich die Affäre deutlich aus.

Von Max Hägler und Klaus Ott, München

Die Affäre bei Volkswagen nimmt für den Autokonzern immer bedrohlichere Ausmaße an. VW hat am Dienstagabend zugegeben, nicht nur Abgastests bei Dieselmotoren manipuliert, sondern auch zu niedrige, also falsche Angaben zum Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und zum Kraftstoffverbrauch von zahlreichen Modelle gemacht zu haben. Darunter sind laut VW erstmals auch Autos mit Benzinmotor. Deren Zahl sei aber gering, behauptet das Unternehmen. Konzernchef Matthias Müller erklärte abermals, man wolle "schonungslos und vollständig aufklären".

Im Verlaufe interner Untersuchungen habe man "Unregelmäßigkeiten" bei den CO₂-Werten entdeckt, teilte VW mit. Nach derzeitigen Erkenntnissen könnten rund 800 000 Fahrzeuge betroffen sein. Die zusätzlichen wirtschaftlichen Risiken für den Konzern beziffert VW in einer ersten Schätzung auf zwei Milliarden Euro. Betroffen sind bei VW die Modelle Polo, Golf und Passat. Bei der Tochter Audi geht es um den A1 und den A3, bei Skoda um den Octavia und bei Seat um den Leon und den Ibiza.

Die neuen Erkenntnisse beträfen "ganz überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren", so der Konzern. Bei den Dieselfahrzeugen seien, wie schon bei den manipulierten Tests zum Stickoxid-Ausstoß, die 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Reihen betroffen. Nach Angaben von VW stammen alle Aggregate aus dem Wolfsburger Stammhaus. Der Konzernvorstand wolle die Zulassungsbehörden umgehend informieren. Außerdem will Volkswagen schnellstmöglich korrekte Werte zum CO2-Ausstoß nennen. Der hohe Kohlendioxid-Ausstoß durch Industrie, Verkehr und Haushalte gilt als Hauptgrund für die Erwärmung der Erde. Die Europäische Union hat deshalb die Grenzwerte für Kohlendioxid in den vergangenen Jahren verschärft. In Deutschland werden Fahrzeuge mit niedrigen CO2-Emissionen seit einigen Jahren steuerlich begünstigt.

Die bei VW jetzt festgestellten Unregelmäßigkeiten könnten dazu geführt haben, dass die Finanzbehörden getäuscht und Steuern zu niedrig festgesetzt wurden. Einen ähnlichen Verdacht gibt es bereits bei Diesel-Fahrzeugen. Die VW-Affäre weitet sich durch die neuen Erkenntnisse deutlich aus. Bislang war bekannt, dass weltweit elf Millionen Fahrzeuge mit einer Software ausgerüstet sind, mit der Abgastests manipuliert und die Behörden getäuscht wurden. Allein in Europa müssen 8,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge zurück in die Werkstätten und so umgerüstet werden, dass die gesetzlichen Grenzwerte beim Stickoxid künftig eingehalten werden.

Kurz vor dem Eingeständnis zu den falschen CO2-Angaben hatte VW noch neue Vorwürfe der US-Umweltbehörde Epa zu angeblichen Manipulationen bei weiteren Diesel-Fahrzeugen zurückgewiesen. Es war aber offenbar zu einem Versäumnis im Umgang mit den US-Behörden gekommen. Aus Konzernkreisen hieß es, man habe die Behörden unzureichend über die Konfiguration der völlig legalen Software AECD in neuen Diesel-Fahrzeugen informiert.

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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