Neue Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz:Geprägt durchs Durchboxen

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Aydan Özoğuz gestikuliert am 03.12.2013 in Hamburg auf einer Regionalkonferenz der SPD. (Foto: dpa)

Ministerin mit Hintergrundwissen: Die SPD-Vize Aydan Özoğuz wird neue Staatsministerin für Integration. Sie ist selbst Kind türkischer Einwanderer und arbeitete nach dem Studium an Integrationsprojekten, jetzt hat sie sich zur Staatsministerin hochgekämpft.

Von Nico Fried, Berlin

Ein Journalist hatte da am Sonntag mal eine Frage. Von der künftigen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung wollte er bei der Präsentation der SPD-Kabinettsmitglieder wissen, welche politischen Vorhaben sie als besonders dringlich ansehe. Aydan Özoğuz schien schon Luft zu holen für eine Antwort, da ging Sigmar Gabriel dazwischen: Es würden an diesem Tag nur Personen vorgestellt, dekretierte der SPD-Chef, und "keine Regierungserklärungen gehalten". So entging dem Reporter und seinen vielen deutschen Kollegen im Willy-Brandt-Haus etwas, was andere schon erleben durften. Angela Merkel zum Beispiel.

Denn in der großen Runde in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD trug Aydan Özoğuz zum Thema Integration ausführlich vor und hinterließ damit bei der Kanzlerin, so ist zu hören, einen durchaus positiven Eindruck. Das ist nicht ganz unwichtig, denn ihr Büro wird die 46-Jährige künftig im Kanzleramt haben, im Range einer "Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin", wie das offiziell heißt. Özoğuz folgt damit der CDU-Politikerin Maria Böhmer, die künftig als Staatsministerin im Auswärtigen Amt unter dem SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier insbesondere die auswärtige Kulturpolitik verantworten soll.

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Aydan Özoğuz ist 1967 in Hamburg als Tochter türkischer Eltern geboren, die sechs Jahre zuvor als Händler in die Hansestadt gekommen waren. "Ich fühle mich als Deutsche, aber ich bin auch stolz auf meine türkische Abstammung", hat sie einmal gesagt. "Wenn die Eltern zugewandert sind, dann prägt das, weil man sich durchboxen, eine andere Sprache lernen, sich eine Existenz aufbauen musste."

Bei Migranten "liegt die Messlatte einfach höher."

Özoğuz studierte Anglistik, Spanisch und Betriebswirtschaft und arbeitete nach dem Studium alsbald an Integrationsprojekten für die renommierte Körber-Stiftung. Der heutige Bürgermeister Olaf Scholz überredete sie 2001 zu einer Kandidatur für die Bürgerschaft, in die sie als Parteilose gewählt wurde, 2004 trat sie in die SPD ein, 2009 kam sie in den Bundestag. Die Nähe zu den Sozialdemokraten in der Hansestadt verschaffte Özoğuz auch privates Glück: Verheiratet ist sie mit dem Hamburger SPD-Innensenator Michael Neumann, 2003 kam die gemeinsame Tochter zur Welt.

Gabriel setzte Özoğuz 2011 als eine stellvertretende Parteivorsitzende durch, nachdem es unter Migranten erhebliches Befremden gab, weil die SPD auf einen Parteiausschluss des umstrittenen früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin verzichtet hatte. In der Partei gehen die Meinungen auseinander, ob sie dieser hervorgehobenen Position wirklich gerecht wurde. Auf dem jüngsten Parteitag in Leipzig würdigten sie Delegierte für ihr Eintreten gegen Rechtsradikalismus; andererseits wird moniert, dass sie öffentlich zu wenig wahrgenommen worden sei. Bei ihrer Wiederwahl büßte sie sechs Prozentpunkte gegenüber 2011 ein. Vielleicht gilt für Özoğuz auch in der SPD, was sie über Migranten allgemein gesagt hat: "Für uns liegt die Messlatte einfach höher. "

© SZ vom 16.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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