Nato in Afghanistan:Rasmussen will mit Taliban reden

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Der neue Nato-Chef zeigt Profil: Rasmussen verteidigt die Offensive gegen die Taliban - und will mit gemäßigten Vertretern der Islamisten sprechen.

Paul-Anton Krüger

Der neue Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat sich dafür ausgesprochen, in Afghanistan mit gemäßigten Vertretern der islamistischen Taliban zu verhandeln. Es gebe in Afghanistan "Gruppen, mit denen man reden kann, um auf eine Art Aussöhnung mit der afghanischen Gemeinschaft hinzuarbeiten".

Der neue Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen verteidigt die derzeitige Offensive gegen die Taliban in Afghanistan: "Meiner Meinung nach gibt es keine Alternative zu einer ausgedehnten Militäraktion" (Foto: Foto: dpa)

Er sehe aber keinen Grund für Vereinbarungen mit Taliban, "die unsere Soldaten töten", sagte der frühere dänische Ministerpräsident der in Kopenhagen erscheinenden Zeitung Politiken. "Wir reden hier über andere Gruppen, die am äußeren Rand der Taliban angesiedelt sind", fügte Rasmussen hinzu, der an diesem Montag sein Amt antritt.

Rasmussen nannte die Sicherheitslage im Süden und Osten Afghanistans drei Wochen vor der Präsidentenwahl "absolut nicht zufriedenstellend". Er appellierte an die Europäer, ihre Truppen und Finanzhilfen aufzustocken.

Zudem müssten alle Soldaten in Afghanistan flexibel einsetzbar sein. Das entspreche dem Solidaritätsprinzip in der Nato, sagte Rasmussen. Während sich amerikanische und kanadische Soldaten im Süden des Landes schwere Gefechte mit den Taliban-Kämpfern liefern, weigern sich andere Nato-Staaten, unter ihnen Deutschland, ihnen zur Hilfe zu kommen.

Rasmussen verteidigte die derzeitigen Offensiven gegen die Taliban als notwendig: "Meiner Meinung nach gibt es keine Alternative zu einer ausgedehnten Militäraktion, denn wir müssen die Sicherheitslage verbessern, bevor wir den zivilen Wiederaufbau erfolgreich fortsetzen können", sagte er dem ZDF.

Bei Bombenexplosionen und Gefechten kamen allein am Wochenende neun Soldaten der internationalen Isaf-Truppe in Afghanistan ums Leben. Nach dem Tod dreier Amerikaner und eines Franzosen am Samstag meldete die Nato am Sonntag, dass zwei weitere Soldaten bei Anschlägen ums Leben gekommen seien. Ihre Nationalität war zunächst nicht bekannt. Wenig später gab die Nato den Tod dreier weiterer Amerikaner am Sonntag bekannt.

Verteilungskämpfe im Bündnis

Im Juli waren 75 Soldaten der internationalen Truppen in Afghanistan gefallen, der schwerste Verlust seit dem Einmarsch im Jahr 2001. Auch unter Zivilisten sind immer mehr Opfer zu beklagen, wie aus einem Bericht der UN hervorgeht. Demnach starben in der ersten Hälfte dieses Jahres 1013 Menschen, im Vorjahreszeitraum waren es 818. Bomben und Selbstmordattentate waren für mindestens 595 Tote verantwortlich, die internationalen Truppen und afghanische Sicherheitskräfte für mindestens 310.

Der Auswärtige Ausschuss des britischen Unterhauses übte in einem am Sonntag veröffentlichten Bericht harte Kritik am Afghanistan-Einsatz: Durch das "Fehlen einer realistischen Strategie" seien ,,längst nicht die Ergebnisse erzielt worden, die erhofft wurden".

Auch prangerten die Abgeordneten "das Versagen einiger Nato-Alliierter" an , sicherzustellen, dass "die Bürde der internationalen Bemühungen in Afghanistan gleichmäßig verteilt ist". Dadurch sei der Erfolg der Mission gefährdet, ebenso wie die Glaubwürdigkeit der Nato. Die britischen Truppen müssten sich auf die Kernaufgabe konzentrieren, Sicherheit herzustellen, heißt es weiter. Dagegen solle ihre bisherige Führungsrolle im Kampf gegen den Drogenanbau auf die von der Nato geführte Isaf-Truppe sowie auf die afghanische Regierung und UN-Organisationen übertragen werden.

© SZ vom 3.8.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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