Nato-Erweiterung:Die Kandidaten warten schon

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Das Bündnis wird weiter wachsen

Daniel Brössler

Wenn im Weißen Haus am heutigen Montag die Nato-Erweiterung gefeiert wird, sind auch drei Herren geladen, die eigentlich noch gar nichts zu feiern haben - die Regierungschefs aus Albanien, Mazedonien und Kroatien. Ihre Länder sind bei der jetzigen Runde der Nato-Erweiterung nicht dabei, doch durch die Einladung nach Washington bekräftigt US-Präsident George Bush seine Botschaft: Die Tür bleibt offen, die jetzige Erweiterung der Allianz soll nicht die letzte sein.

Das Verfahren zur Aufnahme in das westliche Bündnis unterscheidet sich dabei wesentlich von dem der Europäischen Union. Die Nato ist ein Klub ohne Mitgliedsanträge, Interessenten benötigen eine Einladung. Solch eine Einladung kann nach dem Nato-Vertrag von 1949 jeder europäische Staat erhalten, der die Prinzipien der Allianz teilt und zur Sicherheit im Nordatlantik-Raum beiträgt. Voraussetzung ist allerdings die Zustimmung aller Nato-Länder.

"Mit Ungeduld" wartet nun der mazedonische Ministerpräsident Branko Crvenkovski auf den Nato-Gipfel Ende Juni in Istanbul. Dort hofft er auf die ersehnte Einladung. Zumindest können Crvenkovski und seine Kollegen aus Albanien und Mazedonien dort auf die Unterstützung jener setzen, die als frisch gebackene Nato-Mitglieder am Gipfeltreffen teilnehmen.

Die Nato solle die Leistungen Albanien, Kroatiens und Mazedoniens anerkennen und "konkrete Schritte hin zu einer Einladung zur Vollmitgliedschaft" unternehmen, forderten die Regierungschefs der Beitrittsländer kürzlich während einer Konferenz in der slowakischen Hauptstadt Bratislava.

Durch ihre Teilnahme am "Aktionsplan für die Mitgliedschaft" (MAP) genießen die drei Länder bereits eine Art Kandidatenstatus im Bündnis, ihre Streitkräfte werden auf die Mitgliedschaft vorbereitet. Die Nato legt in ihrem offiziellen Handbuch allerdings Wert auf die Feststellung, dass "die MAP-Teilnahme eine künftige Mitgliedschaft nicht garantiert". Der albanische Ministerpräsident Fatos Nano mahnte in Bratislava, die Aufnahme in die euro-atlantische Familie dürfe "nicht zum fernen Traum werden", doch gerade an der Stabilität und Beitrittsreife Albaniens bestehen noch große Zweifel.

Umstrittener Anwärter Ukraine

Der Kreis der Interessenten freilich ist noch viel größer. Der 1994 von der Nato gegründeten "Partnerschaft für den Frieden" hatten sich 30 Länder angeschlossen. Zehn von ihnen sind mittlerweile von Partnern zu Alliierten mutiert, und einige andere würden ihnen dabei gerne folgen.

Ganz offiziell hat das die Ukraine bekundet. Unter Präsident Leonid Kutschma erklärte sie im Mai 2002 die Nato-Mitglied zu ihrem langfristigen Ziel. Aus einer Vielzahl von Gründen strapaziert eine Ukraine als Nato-Mitglied die Vorstellungskraft vieler Politiker im Westen aber ganz erheblich. Von den bisherigen Beitrittsländern unterscheidet sich die Ukraine schon durch ihre Größe.

Gewichtiger aber erscheint, dass die Ukraine weder in Sachen Demokratie noch in puncto Marktwirtschaft auch nur annähernd mit den Balten oder den mitteleuropäischen Reformländern mithalten kann. Zudem wäre ein Nato-Beitritt der Ukraine mit ihrer großen russischen Minderheit und ihrer erheblichen strategischen Bedeutung für Russland wohl schwerer zu verkraften als die bisherigen Erweiterungen.

Auch die Mehrheit der Ukrainer selbst hält wenig von einem Beitritt zum westlichen Bündnis. In einer Umfrage sprachen sich im Dezember nur 29 Prozent dafür aus. Über einen Beitritt zur Nato wird auch im kleinen Moldawien, dem südlichen Nachbarn der Ukraine, diskutiert. Dabei hat das Land vorerst genügend andere Sorgen. Noch immer ungelöst ist der Konflikt um das abtrünnige Transnistrien, in dem Russland eine entscheidende Rolle spielt. Der Fraktionschef der regierenden Kommunisten Moldawiens, Victor Stepanuc, ist wohl auch deshalb überzeugt: "Moldawien sollte noch lange neutral bleiben."

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