Nahverkehr:Weg da, Bahn da

Wie es der Deutschen Bahn gelingen konnte, in Pforzheim ganz ohne Ausschreibung das Busnetz zu übernehmen.

Von Jan Bielicki

Berufspendler kennen das Grauen auf Rädern. Der n-Wagen, Baujahr 1980 oder lange davor, steht auf etlichen Strecken immer noch für das, was die Deutsche Bahn vielen ihrer Zeitkartenkunden auf dem täglichen Weg zur Arbeit zumutet - ungemütlich, oft unpünktlich, gerne übervoll. Ausgerechnet diese Bahn soll nun auch Pendlern in den Städten ihre Busse aufzwingen dürfen?

In Pforzheim wird eine Konzerntochter das Busnetz in ein paar Wochen übernehmen. Viel wird sich zunächst nicht ändern. Schließlich fuhren die Pforzheimer Busse schon seit 2006 privat, bis der Bahn-Konkurrent Veolia vor zwei Jahren den verlustbringenden Betrieb an die Stadt zurückgab. Und die Bahn ist ja nicht überall so schlecht wie ihr Ruf. Stadtbetriebe sind oft kaum besser und nicht immer pünktlich, auch sie beschäftigen Subfirmen mit Billiglohn-Busfahrern. Konkurrenz könnte durchaus den Komfort heben.

Das Problem liegt anderswo. Ein Stadtrat kann ja durchaus entscheiden, städtische Dienstleistungen an Privatunternehmen zu vergeben. Er muss es aber nicht; das gesteht europäisches Recht den Rathäusern ausdrücklich zu. Doch es gibt eine Lücke im deutschen Gesetz, die Städten diese Möglichkeit entzieht, selber zu bestimmen, wer ihre Busse lenkt. Da hindurch ist die Bahn ans Steuer der Pforzheimer Busse geschlüpft. Bürger oder ihre gewählten Vertreter konnten nicht mitreden. Das nennt sich Entmündigung.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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