Nahost:Trump gibt, Trump nimmt

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Nach dem Wahlsieg von Donald Trump feierten in Israel Regierung und Siedler-Lobby schon die neuen Freiheiten. Jetzt hat der neue Präsident eine Kehrtwende vollzogen. Was das heißt? Verlässlich bleibt nur die Unberechenbarkeit von Donald Trump. Ob das zur Entspannung in Nahost beiträgt, ist natürlich fraglich.

Von Peter Münch

Jubel, Trubel, Häuserbau - so hat Israels rechte Regierung die Washingtoner Amtsübernahme von Donald Trump gefeiert. Nach den steinharten Jahren unter Barack Obama wurden die Freundschaftsbekundungen des neuen US-Präsidenten als Freibrief interpretiert für den zügellosen Siedlungsbau. In nur zwei Wochen hat Premierminister Benjamin Netanjahu fast atemlos den Bau von insgesamt 6000 neuen Siedlerwohnungen angekündigt. Und wo er schon mal dabei war, hat er seinem Wahlvolk auch noch versprochen, eine ganz neue Siedlung aus dem besetzten Boden zu stampfen. Das hat es seit 25 Jahren nicht mehr gegeben. Was für ein Fest! Nur leider mag es Donald Trump überhaupt nicht, wenn man auf seine Kosten feiert.

So müssen nun also auch die ziemlich besten Freunde in Jerusalem eine Lektion darüber lernen, dass das einzig Verlässliche an Trumps Politik die überfallartige Sprunghaftigkeit ist. Der Bau neuer Siedlungen sei "vermutlich nicht hilfreich", erklärte der Sprecher des Weißen Hauses. Nachdem es im Wahlkampf und danach in demonstrativer Abgrenzung zu Obama aus dem Trump-Lager stets geheißen hatte, dass der Siedlungsbau keinerlei Hindernis auf dem Weg zum Frieden sei, werden nun die ersten roten Linien aufgezeigt. Höchste Zeit war es dafür allemal.

Der US-Präsident, davon darf man ausgehen, hat sich überrumpelt gefühlt von den feierfreudigen Israelis, die nicht einmal das für den 15. Februar angesetzte erste Treffen zwischen Trump und Netanjahu im Weißen Haus abwarten wollten, um Fakten über Fakten zu schaffen. Sehr deutlich kommt deshalb nun aus Washington der Hinweis, die neue Regierung habe noch "keine offizielle Position mit Blick auf die Siedlungsaktivitäten" erarbeitet. Im Klartext: Nicht Netanjahu bestimmt die Agenda, sondern Trump.

"Amerika zuerst" gilt nämlich auch im Nahen Osten - und das bedeutet, dass Trump sich nicht von den Interessen der Siedler vereinnahmen lassen will. Schließlich haben die USA noch andere Verbündete in der Region wie Saudi-Arabien und die Emirate, Ägypten und Jordanien. Verprellen sollte man die nicht mit einer allzu einseitigen Politik, denn sie werden gebraucht, etwa für eine Front gegen Iran.

Es mag sein, dass dies alles für den Anfang ein wenig kompliziert ist für einen Präsidenten, der die Welt gern möglichst übersichtlich hat. Aber geholfen hat bei dieser Einsicht in die Komplexität der nahöstlichen Händel womöglich der jordanische König Abdullah, der just am Tag der Siedlungserklärung bei Trump zum Antrittsbesuch auf dem Sofa gesessen hat.

Für Trump wird also da noch manches Gewirr zu entflechten sein, und was am Ende rauskommt, weiß niemand. Die Siedlerlobby in Israel hat es deshalb fürs Erste vorgezogen, den Trump'schen Warnschuss schlicht zu ignorieren. Kann ja sein, dass er morgen wieder ganz anders redet. Netanjahu aber wird nun mit einem bangeren Gefühl nach Washington reisen. Er weiß, dass die Freiheit, die er nun zwei Wochen lang gefeiert hat, von Trumps Gnaden abhängt.

Für Trump ist damit die Ordnung wiederhergestellt. Eine Kehrtwende sollte aber niemand in die Washingtoner Warnung hineininterpretieren. Trump hält sich alle Optionen offen, und verraten will er bislang nur sein Ziel: Im Wahlkampf hat er den "ultimativen Deal" angekündigt zwischen Israelis und Palästinensern. Seinen Anspruch als Friedensmakler hat er nun bekräftigt. Wie er das schaffen will, bleibt gewohnt spannend. Entspannung wäre auf dem Weg zum Frieden allerdings auch nicht verkehrt.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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