Nahost:Die Budapest-Damaskus-Connection

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Die ungarische Regierung kündigt an, mit Syrien diplomatisch wieder anzuknüpfen - dabei hat die EU erst kürzlich die Sanktionen gegen das dortige Regime verlängert.

Von Dunja Ramadan, München

Nach acht Jahren syrischem Bürgerkrieg geht Machthaber Baschar al-Assad als Sieger hervor. Im Inneren konnte er seine Macht längst sichern, ein Großteil des Landes ist wieder unter seiner Kontrolle. Im Ausland kommt es für Damaskus nun auf jede diplomatische Annäherung an. Als Sudans mittlerweile geschasster Diktator, Omar al-Baschir, Anfang des Jahres nach Damaskus flog - als erstes arabisches Staatsoberhaupt seit 2011 - war das keine wirkliche Überraschung. Diktatoren umwerben andere Diktatoren.

Doch dass nun erstmals ein europäisches Land wie Ungarn die Beziehungen zu Syrien normalisieren will, wird in Brüssel mindestens auf Argwohn stoßen. Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini wollte den Schritt nicht kommentieren, verwies allerdings darauf, dass es sich um eine vorrangige Angelegenheit des Mitgliedsstaats handle. Das Außenministerium in Budapest hatte am Mittwoch verkündet, man wolle 2020 einen Diplomaten "gelegentlich für "konsularische Aufgaben" nach Damaskus schicken. Bislang unterhält nur Tschechien dort eine Botschaft. Beobachter werten den Schritt als Vorbereitung, die Botschaft in Syriens Hauptstadt wieder zu eröffnen. Ungarn schloss die Botschaft im Dezember 2012.

Möglicherweise wollte Orbán den anderen Ländern Europas mit dem Schritt eins auswischen

Dies wäre ein Bruch mit der europäischen Haltung im Syrienkonflikt. Immerhin hat die EU im vergangenen Mai die Sanktionen gegen das Regime um ein Jahr verlängert. Die Begründung galt damals wie heute: Man wolle die "restriktiven Maßnahmen gegen das syrische Regime und dessen Unterstützer verlängern, da das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung andauert". Den Sommer über flog die russisch-syrische Luftwaffe Angriffe auf die letzte Rebellenhochburg Idlib. Mehr als 2000 Zivilisten wurden getötet. Für die Annäherung an Damaskus liefert Budapest nun eine interessante Erklärung: Man biete ja bereits humanitäre Hilfe für Christen in Syrien an und diese wolle man nun vertiefen. Seit Anfang des Jahres finanziert Budapest für ein Jahr drei syrische Krankenhäuser. Damals begründete Ungarns rechtsnationaler Präsident Viktor Orbán den Schritt damit, man wolle die humanitäre Katastrophe vor Ort mildern - um zu verhindern, dass die Probleme nach Europa kommen. Orbán ist für seine strikte Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen berüchtigt. Er sieht sich dabei in seiner Lieblingsrolle: als letzter, standhafter Retter des christlichen Abendlandes.

Auch dürfte Orbán seinen europäischen Kollegen mit diesem Schritt eins auswischen wollen. Brüssel hat vor einem Jahr ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Seitdem sucht Orbán den Schulterschluss mit den Populisten dieser Welt. Sei es Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, US-Präsident Donald Trump oder Israels Premier Benjamin Netanjahu. In dieser Reihe wäre sicher noch Platz für ein nahöstliches Pendant, in diesem Fall: Baschar al-Assad.

© SZ vom 13.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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