Nachfolger von Müntefering:Die vielen Karrieren des Olaf Sch.

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Mit Olaf Scholz wird ein Mann Arbeitsminister, der die Agenda 2010 mit erfunden hat, sie aber nicht zum Heiligtum erklärt.

Thorsten Denkler, Berlin

Manchmal wiederholt sich Geschichte. Olaf Scholz, der jetzt Franz Müntefering ins Amt des Bundesarbeitsministers folgen soll, war schon einmal Nachfolger Münteferings. Das war im Jahr 2002.

Nicht zum ersten Mal: Olaf Scholz wird Nachfolger von Franz Müntefering (Foto: Foto: dpa)

Damals hatte die Rot-Grün denkbar knapp die Bundestagswahl gewonnen. Franz Müntefering, bis dahin Generalsekretär der SPD unter dem Vorsitzenden Gerhard Schröder sollte Fraktionschef werden. Neuer Generalsekretär wurde Olaf Scholz.

Mann muss es so sagen: Scholz war dem Amt damals nicht recht gewachsen. Der Hamburger Jurist, den manche als "blitzgescheit" und "hochintelligent" bezeichnen, hatte unübersehbare Schwierigkeiten mit dem Amt, in dem Attacken-Fähigkeit zum unverzichtbaren Portfolio gehört.

Der klare Satz, das Markenzeichen Münteferings, wurde bald schmerzlich vermisst. Zwei Jahre später trat Schröder vom Parteivorsitz zurück. Müntefering wurde SPD-Chef und die Tage von Scholz im Amt waren gezählt.

Ein passender Kandidat

Worauf er aber heute noch gerne hinweist: Diese Jahre zwischen 2002 und 2004 waren jene, in denen die Agenda 2010 geboren wurde.

Scholz, 1958 in Osnabrück geboren, hatte daran nicht unerheblichen Anteil, vor allem was die arbeitsmarktpolitischen Teile angeht, um die es immer wieder Streit in der SPD gab und gibt. Dazu gehört auch das verkürzte Arbeitslosengeld I. Wenn er heute, entgegen Münteferings Willen, für eine Verlängerung einsteht, dann beruft er sich gerne darauf, damals nicht zu den Gegnern der Agenda gehört zu haben. So gesehen ist er der passende Kandidat für das Amt. Einer, der die Tradition der Agenda nicht verneint und gleichzeitig ihrer Weiterentwicklung nicht entgegensteht.

Ministrabel ist Scholz allemal. Im Hamburg war er bereits Innensenator unter dem damaligen ersten Bürgermeister Ortwin Runde. Es waren zwar nur fünf Monate, von Mai 2001, bis zu Rundes Wahlniederlage im September desselben Jahres.

"Liberal, aber nicht doof"

Aber Scholz hatte sich in dieser Zeit einen tadellosen Ruf erworben. Er wurde geschätzt für seine Managerqualitäten seinen Arbeitseinsatz und sein menschliches Geschick bei der Führung seiner Behörde.

Damals zeigte er auch, dass die Kategorien links oder rechts nicht so leicht auf ihn anzuwenden sind. Er gehörte nach den Anschlägen vom 11. September zu den ersten deutschen Innenministern, die ein Rasterfahndung anordneten.

Sein Satz damals: "Ich bin liberal, aber nicht doof." Andererseits bezeichnet er sich selbst als einen "pragmatischen Linken".

Der bayerische SPD-Vorsitzende Ludwig Stiegler nennt Scholl einen "exzellenten Kenner der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik." Der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Klaus Brandner sagte: "Scholz wird die Arbeit von Franz Müntefering fortsetzen."

Seit der Bundestagswahl 2005 ist Scholz Parlamentarischer Geschäftführer der SPD-Bundestagsfraktion und damit die rechte Hand von Fraktionschef Peter Struck. Er hat in diesem Amt vor allem dazugelernt.

Das zuweilen "napoleonisches Gehabe", wie einige Zeitungen noch über den Generalsekretär Scholz lästerten, ist verschwunden. Er zieht heute klug an Strippen, die wie früher bis nach Hamburg reichen, wo er auch als Landesparteichef arbeitete.

Seinen Genossen von der Elbe wird er als derjenige in Erinnerung bleiben, der die Landes-SPD immer wieder geeint hat. Dass dort nach der Wahlbetrugsaffäre um die Spitzenkandidatur für die Bürgerschaftswahl 2008 heute der ehemalige Zeit-Herausgeber und einstige Kulturstaatsminister Michael Naumann als Spitzendkandidat antritt, ist wesentlich auf seine Vermittlung zurückzuführen.

Im neuen Amt als Arbeitsminister hat Scholz jetzt Gelegenheit zu beweisen, dass ihm die Schuhe Münteferings nicht mehr zu groß sind. Seine erste Aufgabe wird sein, das verlängerte Arbeitslosengeld I in ein Gesetz zu fassen.

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