Atommüll-Zug nach Gorleben:Greenpeace-Aktivisten blockieren Castor-Strecke

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20 Kilometer sind es noch bis nach Gorleben: Im Verladebahnhof Dannenberg werden derzeit die Castoren auf Lastwagen umgeladen. Für den letzten Streckenabschnitt haben die Atomkraftgegner massive Proteste angekündigt - auf den Straßen rund um Gorleben kommt es zu ersten Blockaden.

20 Kilometer trennen den Castor-Transport noch von seinem Ziel in Gorleben: Am frühen Montagmorgen ist der Zug gegen vier Uhr morgens im Umladebahnhof in Dannenberg eingetroffen. Dort wird die hochradioaktive Fracht derzeit auf Speziallaster verladen, denn den letzten Teil der Strecke muss der Transport über die Straße zurücklegen. Für den Vorgang, bei dem auch die aktuelle Strahlung gemessen werden soll, werden etwa 15 Stunden veranschlagt.

Noch während der Umlade-Aktion in Dannenberg sah sich die Polizei rund um Gorleben ersten Straßenblockaden gegenüber: Nach Angaben einer Anti-Atom-Initiative nahmen etwa tausend Menschen an einer Sitzblockade bei Gorleben teil.

Zudem brachten sich vier Greenpeace-Aktivisten mit einem Kleintransporter bei der möglichen Südroute des Transports in Stellung. Im Innern des Fahrzeugs befindet sich ein Betonklotz. Einsatzkräfte sollen laut Augenzeugen den zugeschweißten Kofferraum des Transporters aufgebrochen haben. Schließlich hätten sich die Atomkraftgegner mit einer Art Metallkasten in der Straße verankert. Bereits im Vorjahr war es Greenpeace gelungen, mit einem Betonklotz im Inneren eines Bierlasters die letzte Etappe des Castor-Transports für mehrere Stunden zu blockieren.

Für Aufsehen beim aktuellen Castor-Transport sorgte die Aktion der Bäuerlichen Notgemeinschaft: Sie blockierten den Zug bei Hitzacker am Sonntag mehr als 15 Stunden mit einer auf den Gleisen errichteten Beton-Pyramide. Drei Männer und eine Frau hatten sich an der selbstgebauten Konstruktion angekettet.

Die Polizei räumte ein, es habe sich bei der Betonpyramide "augenscheinlich um ein durchdachtes, ausgeklügeltes" System gehandelt. Es sei nur schwer möglich gewesen, die Atomkraftgegner unverletzt zu befreien. Deshalb hätten die Castor-Gegner schließlich von selber aufgegeben.

Castor-Gegner feiern "Scheitern" der Polizei

Die Anti-Atom-Initiativen werteten die 15-stündige Gleisblockade dennoch als großen Erfolg. Und damit nicht genug: Kurz hinter der geräumten Beton-Blockade hatten sich in der Folgezeit mehrere hundert Demonstranten zu weiteren Sitzblockaden auf den Gleisen niedergelassen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert. Letztlich ist die Polizei gescheitert", sagte Heiko Müller-Ripke, nachdem er sich aus der Ankettung an die Pyramide gelöst hatte.

Auch der Neffe der grünen Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer, die auf einem Hof im Wendland aufgewachsen ist, gehörte zu den angeketteten Castor-Gegnern. Es sei die längste Einzelaktion, die es je gegen einen Castor-Transport gegeben habe, sagte die Grünen-Politikern Rebecca Harms, die auch im Wendland zu Hause ist.

Auch an anderen Orten hatten Aktivisten entlang der Strecke zwischen Lüneburg und Dannenberg immer wieder für unplanmäßige Stopps gesorgt. Zudem hatten sich etwa 200 Vermummte in einem unübersichtlichen Waldstück eine heftige Auseinandersetzung mit Polizisten geliefert, bei der auch Journalisten mit Wurfgeschossen attackiert worden waren.

Zeitaufwendigster Castor-Transport der Geschichte

Noch nie hat ein Castor-Transport aus Frankreich so lange gedauert: Mehr als 109 Stunden brauchte er für die etwa 1200 Kilometer aus dem französischen La Hague bis ins niedersächsische Wendland. Im Vorjahr benötigte der Transport 92 Stunden.

Hintergrund der Proteste ist die hochradioaktive Fracht des Transports. In den tonnenschweren Wägen befindet sich Atommüll aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Deutschland ist verpflichtet, den Müll, der ursprünglich aus deutschen Atomkraftwerken stammt, wieder zurückzunehmen.

Aus Sicht der Castor-Gegner ist Gorleben wegen der geologischen Begebenheiten nicht für die Lagerung des Atommülls geeignet. Sie befürchten, dass der Salzstock aus politischen Gründen als Endlager durchgesetzt werden soll. Mit der Einlagerung weiterer Castoren würde versucht, Fakten zu schaffen.

An die von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und den Länderchefs vereinbarte bundesweite Suche nach einem alternativen Endlagerort glauben die protesterfahrenen Wendländer nicht. Sie fordern, Gorleben bei der neuen Suche kategorisch auszuklammern.

© dpa/dapd/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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