Nach Kampfabstimmung:Künast und Kuhn führen neue Grünen-Fraktion

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Verbraucherschutzministerin Renate Künast und Ex-Parteichef Fritz Kuhn sind zu den beiden neuen Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag gewählt worden. Künast gab umgehend ihr Regierungsamt auf.

Robert Roßmann

Eine Woche nach dem Rückzug Joschka Fischers hat die grüne Bundestagsfraktion ihre Führung neu bestimmt. Die Abgeordneten wählten Verbraucherministerin Renate Künast und Wahlkampfchef Fritz Kuhn zu ihren Vorsitzenden. Künast kündigte unmittelbar nach der Wahl ihren Rücktritt als Ministerin an. Damit will Künast etwaigen rechtlichen Problemen und Kritik aus den eigenen Reihen an einer Doppelfunktion zuvorkommen. Bis zum Ende der rot-grünen Koalition soll Umweltminister Jürgen Trittin das Ressort zusätzlich führen.

Aus fünf mach zwei: Fritz Kuhn, Krista Sager, Katrin Göring-Eckardt, Renate Künast und Jürgen Trittin (Foto: Foto: dpa)

Künast gilt als strömungsunabhängig

Künast war schon seit langem in allen Umfragen die nach Fischer beliebteste Grünen-Politikerin. Mit ihrer Wahl zur Fraktionschefin und dem Abgang des Außenministers wird die bisherige Verbraucherministerin zur wichtigsten Führungsfigur ihrer Partei. Die 49-jährige Rechtsanwältin war 1979 in die Westberliner Alternative Liste eingetreten. Bei der Bildung der rot-grünen Koalition unter Walter Momper 1989 wurde sie Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus. Im Jahr 2000 wählte sie ihre Partei zur Bundesvorsitzenden, 2001 wechselte Künast als Verbraucherministerin in die Regierung Gerhard Schröders. Künast wurde früher dem linken Flügel zugeordnet, inzwischen gilt sie jedoch als strömungsunabhängig.

Wahlkampfchef Fritz Kuhn ist Gründungsmitglied seiner Partei. Er wurde 1984 Fraktionschef der Grünen im Stuttgarter Landtag. Von 2000 bis 2002 war er Bundesvorsitzender - zeitweise zusammen mit Künast. Anfang der neunziger Jahre führte der Realo mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) Sondierungsgespräche zur Bildung einer schwarz-grünen Koalition. Er gilt als einer der besten Strategen seiner Partei und ist - wie Künast - ein guter Redner.

Beck besiegt Berninger

Künast hat bereits Bundeskanzler Gerhard Schröder um ihre Entlassung als Verbraucherschutzministerin gebeten, um sich dem Amt als Künast war als große Favoritin ins Rennen gegangen. Ihre Wahl fiel trotzdem überraschend knapp aus. In einer ersten Abstimmung hatte sie nur 18 Stimmen erhalten, ebenso viele wie Trittin. Für die bisherige Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt entschieden sich 15 Abgeordnete. Erst im zweiten Wahlgang bekam Künast mit 33 Stimmen die nötige absolute Mehrheit.

Göring-Eckardt war in diesem Durchgang nicht mehr angetreten. Kuhn hatte in den Wahlgängen für den ersten Fraktionsvorsitz nicht kandidiert, um Künast keine Konkurrenz zu machen. Er setzte sich dafür in der Abstimmung um den zweiten Chefposten mit 37 zu zehn Stimmen gegen Göring-Eckardt durch. Trittin war nach seiner Niederlage gegen Künast nicht mehr angetreten.

Die fünfte Kandidatin, Göring-Eckardts Kollegin Krista Sager, hatte am Dienstagmorgen überraschend ihre Bewerbung zurückgezogen und die Wahl Künasts empfohlen. Sager erklärte, für die Grünen sei jetzt entscheidend, wie sie "als kleinste Oppositionskraft noch genügend öffentliche Aufmerksamkeit bekommen". Es wäre deshalb "dumm", nicht die "prominenteste Person nach Joschka Fischer" in die Führung zu wählen. Sager kündigte an, sich jetzt um einen der Stellvertreter-Posten in der Fraktion bewerben zu wollen.

Die Fraktion wählte außerdem ihren Ersten Geschäftsführer. Dabei setzte sich der bisherige Amtsinhaber Volker Beck mit 34 zu 17 Stimmen gegen Künasts Staatssekretär Matthias Berninger durch. Unstrittig war die Besetzung der weiteren Geschäftsführer-Posten: Undine Kurth und Irmingard Schewe-Gerigk wurden im Amt bestätigt.

© SZ vom 28.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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