Nach Festnahmen:Union fordert Strafen für Terror-Ausbildung

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Eine alte Debatte flammt neu auf: Nach den jüngsten Festnahmen in London wollen Unionspolitiker die Ausbildung in Terrorcamps bestrafen.

Nach den jüngsten Terror-Verdachtsfällen in Deutschland fordert die Union härtere Gesetze. Die Ausbildung in islamistischen Terrorlagern müsse endlich unter Strafe gestellt werden, verlangte der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach am Samstag im Fernsehsender n-tv.

Strafrecht als Maßnahme der Terrorabwehr: Unionspolitiker wollen bereits die Ausbildung in sogenannten Terrorcamps (Bild) unter Strafe stellen. (Foto: Foto: AP)

"Nach wie vor ist es in Deutschland straflos, wenn sich Deutsche im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet in einem Terrorlager im Umgang mit Sprengstoffen, Sprengfallen oder Zündern ausbilden lassen", kritisierte er. "Kommen sie nach Deutschland zurück, können wir sie deswegen nicht festnehmen." Er sprach von "Strafbarkeitslücken, die wir dringend schließen müssen".

Ein Gesetzentwurf von Justizministerin Brigitte Zypries, der den Besuch von Terrorlagern unter Strafe stellen soll, gilt unter Experten seit langem als unzureichend. Nach den Plänen der SPD-Politikerin müsste einem Verdächtigen zusätzlich zur Ausbildung im Lager die Absicht nachgewiesen werden, einen Anschlag begehen zu wollen. Sicherheitsexperten halten dies für unrealistisch und den Entwurf daher für unbrauchbar.

Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl warf Zypries (SPD) in dieser Frage eine Blockadehaltung vor. "Zypries wollte eine neue Strafvorschrift von Anfang an nicht. Deshalb versucht sie seit Monaten mit allen Tricks, notfalls eine Placebo-Regelung ins Gesetzblatt zu schreiben."

Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sieht das Strafrecht als eines der wesentlichen Instrumente der Terrorabwehr. Verschärfungen wie die Strafbarkeit der Teilnahme an sogenannten Terrorcamps seien geplant. "Das ist Teil der Koalitionsvereinbarungen und es wird Zeit, dass der Gesetzesentwurf ins Kabinett kommt", sagte er.

Schäuble: Terroristen abschieben

Die Diskussion flammt derzeit wieder auf, weil die Sicherheitsbehörden öffentlich nach den zwei Islamisten Eric Breininger und Houssain Al Malla fahnden. Sie sollen in Terrorcamps gewesen sein. Es wird vermutet, dass sie konkrete Anschläge vorbereiten. Das Bundeskriminalamt hatte am Donnerstag eine seltene Öffentlichkeitsfahndung nach den beiden Terrorverdächtigen gestartet. Zudem nahm die Polizei am Freitag am Kölner Flughafen zwei weitere aus Somalia stammende Terrorverdächtige fest, die nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden möglicherweise ebenfalls in ein Terrorlager reisen wollten.

Ergänzend zu strafrechtlichen Maßnahmen forderte Schäuble noch die Abschiebung von Terroristen. "Wichtig ist aber, dass dabei immer die Menschenrechte gewährleistet sind", betonte der CDU-Politiker.

Schäuble hat sich am Samstag in Bonn mit seinen Amtskollegen getroffen: Die in der sogenannten G6-Gruppe zusammengeschlossenen Innenminister von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien und Spanien sowie die USA wollen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus noch enger zusammenarbeiten. "Wir sind uns ganz einig, dass wir gemeinsam Strategien entwickeln müssen", sagte Schäuble.

Er bezeichnete die Gefährdungslage in Deutschland als unverändert hoch. Immer wieder würden Anschlagsvorbereitungen und die Ausreise junger Männer zur Ausbildung in Terrorlagern beobachtet, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Allerdings sieht Schäuble keine Veränderung der Sicherheitslage.

Er warnte vor einer falschen Solidarität mit islamistischen Terroristen und verwies dabei auf die Zeiten des RAF-Terrors im Deutschland. "Gewisse Teile unserer Gesellschaft hatten damals eine klammheimliche Solidarität mit den Mördern des deutschen Linksterrorismus und hätten jeden Versuch der Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden gegen die blindwütigen Mörder als völlig inakzeptabel abgelehnt", sagte der CDU-Politiker der Berliner B.Z. Am Sonntag.

Terrorgefahr in Deutschland: "Wir hatten Glück"

Daraufhin warnten Experten vor der Terrorgefahr in Deutschland. Nach Angaben des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, konnten in den vergangenen Jahren sieben konkrete Anschläge verhindert werden. "Aber wir hatten auch Glück, das muss ich ausdrücklich dazu sagen", betonte Freiberg auf NDR Info. Die Bedrohungslage sei weiterhin sehr hoch.

Nach Einschätzung der Polizeigewerkschaft leben in Deutschland unerkannt potenzielle Terroristen. "Ich glaube nicht, dass wir alle im Visier haben. Es gibt einige, die bereits Ausbildungen als Sprengstoffexperten in Pakistan und Afghanistan durchlaufen haben und die wir gar nicht kennen", sagte Freiberg. Die Bedrohungslage sei weiterhin sehr hoch. "Man kann sogar sagen, die Islamische Dschihad-Union hat uns als Nummer 1 auserkoren, um hier Anschläge zu verüben", sagte er.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) befürchtet, dass sich immer öfter deutsche Konvertiten radikalen Islamisten anschließen könnten. "Besonders junge Menschen, die sich benachteiligt fühlen, sind für den Islamismus anfällig", sagte Herrmann dem Münchner Merkur . Der Fall des gesuchten Eric Breininger sei dafür "ein Musterbeispiel".

Das Beispiel Breininger zeige nach Einschätzung von Fachleuten, dass es ein "gut funktionierendes Netz" von kampfbereiten Islamisten in Deutschland gibt. Dieses Netz sei von der "Islamischen Dschihad-Union" (IJU) eingerichtet worden.

Festnahmen in London

Unterdessen sind in Großbritannien drei Männer unter Terrorverdacht festgenommen worden. Die Männer im Alter zwischen 22 und 40 Jahren gingen der Polizei am frühen Samstagmorgen im Stadtteil Islington im Norden Londons ins Netz. Die Ermittler durchsuchten daraufhin vier Wohnungen im Nordosten der britischen Hauptstadt. Die Männer sollen Terrorakte vorbereitet oder zu solchen Taten angestiftet haben, teilte die Polizei mit. Auf das Konto der Verdächtigen soll ein Feuer gehen, das kurz vor deren Festnahme im Haus eines Londoner Verlegers ausgebrochen war.

Dessen Verlag Gibson Square hatte sich vor kurzem dazu bereit erklärt, den Mohammed-Roman "Das Juwel von Medina" ("The Jewel of Medina") der US-Journalistin Sherry Jones über die junge Ehefrau des Propheten Mohammed zu veröffentlichen. Der Roman war in den USA aus Angst vor Protesten von Muslimen zurückgezogen worden.

© Reuters/AFP/AP/dpa/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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