Nach den vereitelten Anschlägen:"Das ist Muslim- und Bürgerpflicht"

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Unter dem Eindruck der vereitelten Anschläge in Deutschland haben mehrere islamische Verbände versprochen, in besonderer Weise auf radikale Mitglieder zu achten und diese im Verdachtsfall den Sicherheitsbehörden zu melden.

Dirk Graalmann und Annette Ramelsberger

So forderte der türkisch-islamische Verband Ditib seine Gemeinden nach Worten von Generalsekretär Mehmet Yildirim auf, "ein wachsames Auge auf radikale Tendenzen zu haben".

Der Zentralrat der Muslime widersprach den Klagen deutscher Behörden, dass aus muslimischen Gemeinden kaum jemals ein Hinweis auf extremistische Mitglieder käme.

"Wir haben uns das seit Jahren auf die Fahnen geschrieben und auch aktiv umgesetzt, indem wir radikale Personen den Behörden mitgeteilt haben", sagte Generalsekretär Aiman Mazyek der Süddeutschen Zeitung. "Das ist Muslim- und Bürgerpflicht."

Zuvor hatten sowohl Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als auch Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) die islamischen Verbände aufgefordert, verdächtige Gemeindemitglieder an die Sicherheitsbehörden zu melden.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) lobte zwar, dass die Verbände sich ,,klar und glaubhaft distanzieren'', sagte aber: ,,Ich bin mir nicht sicher, dass in jeder islamischen Gemeinde auch die Kultur herrscht, die Sicherheitsbehörden als Partner und die Fanatiker als Gegner zu betrachten.''

Tat sollte noch im September ausgeführt werden

Die Fahnder haben derweil neue Erkenntnisse über die drei mutmaßlichen Terroristen gewonnen, die am Dienstag im Sauerland festgenommen worden waren. Aus dem E-Mail-Verkehr zwischen ihnen und den Chefs der Gruppe Islamische Dschihad Union gehe hervor, dass die Anführer in Pakistan sich mit den geplanten Anschlägen offenbar in eine Reihe mit Extremisten-Organisationen wie al-Qaida oder Ansar al-Islam stellen wollten.

In den E-Mails hielten die Terrorführer ihre Leute in Deutschland zum baldigen Zuschlagen an, sagte ein Fahnder der SZ. Ziele gaben sie nicht vor; die Verdächtigen aus Ulm, Neunkirchen und Langen bei Frankfurt überlegten selbst, welche Objekte sich am besten eignen würden. Die Tat sollte noch im September ausgeführt werden, teilte der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, mit.

Amerikanische Behörden befürchteten nach Aussagen deutscher Fahnder, dass die Verdächtigen mit Autos in Kontrollstellen vor US-Kasernen rasen und Soldaten töten würden. Die für den Einsatz von Autobomben nötigen Kleinlaster hatten sich Fritz G., Daniel S. und Adem Y. bereits besorgt. Das bestätigte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Die Verdächtigen hatten auch darüber geredet, ob sie Diskotheken oder Flughäfen angreifen sollten.

Als Konsequenz aus den Vorfällen schlug Zypries eine Registrierungspflicht beim Verkauf von Chemikalien vor, die zum Bombenbau geeignet sind. Die drei Festgenommenen hatten sich im freien Verkauf zwölf Fässer mit 35-prozentigem Wasserstoffperoxid besorgt. Daraus hätten sich Bomben mit einer Sprengkraft von 550 Kilogramm TNT bauen lassen. Beim Anschlag auf die Londoner U-Bahn im Sommer 2005 hatten die Selbstmordattentäter nur je drei bis fünf Kilogramm Sprengstoff in ihren Rucksäcken. (Seite 6)

© SZ vom 10.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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