Nach Ausschreitungen in Bonn:Polizei will Salafisten in eigenen Reihen entlassen

Lesezeit: 1 min

Mehrere Landesinnenminister wollen die Salafisten-Szene stärker beobachten lassen und damit "islamistische Selbstjustiz" verhindern. Schon jetzt erreicht das Misstrauen gegenüber den Salafisten einen Höhepunkt: Die Duisburger Polizei will einen Kommissar loswerden, weil er der radikalen islamischen Strömung angehört.

Nach den Ausschreitungen militanter Salafisten bei einer Demonstration gegen Mohammed-Karikaturen der Pro-NRW-Bewegung in Bonn fordern Unions-Innenminister Konsequenzen und harte Strafen. "Die Gewaltausbrüche der Salafisten in Bonn haben einmal mehr gezeigt, was sich hinter der Maske vermeintlicher Religiosität verbirgt: nichts als nackte Gewalt", sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann dem Onlineportal Bild.de. Der CDU-Politiker fordert einen "Schulterschluss friedliebender Muslime mit ihren Verbänden", um sich "gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Kräften einer weiteren Radikalisierung entgegenzustellen und Irrglauben und Glauben strikt zu trennen."

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU): Rechtsstaatliche Mittel gegen "islamistische Selbstjustiz" ausschöpfen. (Foto: dapd)

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, gewalttätige Vergeltungsmaßnahmen und Racheaktionen dürften nicht geduldet werden. "Bei uns gilt der Rechtsstaat, nicht islamistische Selbstjustiz." Gegen den Salafismus müsse "mit allen rechtsstaatlichen Mitteln" vorgegangen werden.

Kommissar aus Duisburg vor Entlassung

Beim Aufeinandertreffen der rechtsextremen Organisation Pro NRW und Demonstranten aus dem salafistischen Umfeld hatte es am Samstag in Bonn schwere Ausschreitungen gegeben. Die Lage eskalierte, nachdem die Rechtsextremen Mohammed-Karikaturen zeigten. Daraufhin begannen Gegendemonstranten aus dem salafistischen Umfeld mit einem Angriff auf die Polizei. Ein 25-jähriger Mann stach dabei nach Polizeiangaben zwei Beamte nieder.

Nach den Vorfällen hat das Misstrauen gegenüber der salafistischen Glaubensrichtung einen Höhepunkt erreicht. Ein Kommissar aus Duisburg soll Medienberichten zufolge aus dem Polizeidienst entlassen werden, weil er als überzeugter Salafist gilt. Der 31-Jährige, gegen den ein Disziplinarverfahren laufe, sei bereits vorläufig des Dienstes enthoben, berichten die Zeitungen der WAZ-Gruppe.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) mahnte die Grundgesetztreue staatlicher Ordnungshüter an: In diesem Fall gehe es darum, "ob der Polizeibeamte noch für unsere Verfassung einsteht", sagte Jäger der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Der Beamte, der in Essen Streife fuhr, hatte dem Bericht zufolge privat Infostände angemeldet, an denen radikal-islamistisches Material verbreitet worden sei. Bei den folgenden Ermittlungen des Staatsschutzes habe sich der Polizeikommissar als Anhänger des Salafismus entpuppt. Laut dem Bericht geht die Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr davon aus, dass der Mann den Koran über das Grundgesetz stellt. Sie rechne mit dessen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis.

© dpa/dapd/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: