München:Demjanjuk-Prozess wird ausgesetzt

Der Prozess gegen den mutmaßlichen KZ-Wachmann Demjanjuk ist unterbrochen worden. Der Angeklagte sei zu krank, sagte sein Arzt.

Der Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk ist am Mittwoch wegen einer Erkrankung des Angeklagten ausgesetzt worden. Bei dem 89-jährigen gebürtigen Ukrainer lägen Anzeichen für einen Infekt vor, teilte der Vorsitzende Richter Ralph Alt mit. "Er klagt über Kopf- und Gliederschmerzen."

John Demjanjuk steht in München vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, an der Ermordung von 27.900 Juden beteiligt gewesen zu sein. (Foto: Foto: Reuters)

Der Arzt der Justizvollzugsanstalt habe Demjanjuk für transportunfähig erklärt, sagte der Kammervorsitzende. Der Angeklagte wurde deshalb am Mittwoch, dem dritten Prozesstag, nicht aus der Untersuchungshaft ins Gerichtsgebäude gebracht.

Demjanjuk soll 1943 im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen bei der Ermordung von 27.900 Juden in den Gaskammern geholfen haben. Der Prozess soll nun am 21. Dezember fortgesetzt werden.

Den Angaben zufolge wies Demjanjuk auch eine leicht erhöhte Temperatur auf. Trotz fiebersenkender Mittel habe er am Mittwochmorgen eine Körpertemperatur von 37,5 Grad gehabt. Die tatsächliche Temperatur dürfte nach Auskunft des Arztes mit Blick auf die Wirkung der Medikamente um 0,5 Grad höher liegen, sagte Alt. Der Arzt habe es deshalb mit Blick auf bisherige Infektionen und die Vorerkrankungen von Demjanjuk nicht für vertretbar gehalten, dass dieser irgendwo hingefahren werde.

An den ersten beiden Prozesstagen hatte Demjanjuk das Verfahren aus einem Rollstuhl beziehungsweise auf einer Trage liegend verfolgt und Schmerzmittel bekommen. Im Vorfeld hatten Ärzte den gebürtigen Ukrainer für eingeschränkt verhandlungsfähig erklärt.

Eine Fortsetzung der Verhandlung im großen Saal der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim, in der auch früher schon einmal ein NS-Prozess geführt worden war, wurde bisher offenbar noch nicht in Betracht gezogen. Dies würde Demjanjuk die Transporte durch die Stadt ersparen.

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