Müller, Kemmerich und Co.:Weiter, einfach weiter?

Ein Abgeordnetenmandat ist eine Ehre, kein Versorgungsjob.

Von Detlef Esslinger

In der Regel ist der letzte Eindruck derjenige, der hängen bleibt; es ist daher verständlich, dass Michael Müller und Thomas Kemmerich ihre Karrieren als Politiker unbedingt fortsetzen wollen. Müller, den seine SPD im nächsten Jahr nicht mehr für das Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin nominiert, sucht nun die halbe Stadt nach einem Bundestagswahlkreis ab. Er will offenbar nicht als derjenige in Erinnerung bleiben, dem die Schuhe von Klaus Wowereit zu groß waren. Kemmerich will erneut Chef der FDP Thüringen werden. Er hofft wohl, seine kurzzeitige Wahl zum Ministerpräsidenten auf AfD-Ticket mit etwas Seriösem vergessen machen zu können.

Aber was vorbei ist, ist vorbei. Als Senator und Regierungschef hatte Müller zehn Jahre seine Chance. Und Kemmerichs Tapsigkeit war zu groß, als dass er je wieder mehr werden könnte denn ein Symbol dafür, wie ein Profi es bitte nicht  macht.

Jeder Abgeordnete im Thüringer Landtag ist für 23 000 Menschen da, jeder im Bundestag sogar für 140 000. Ein solches Mandat bedeutet eine Ehre, und dem Inhaber stellt es große Aufgaben. Was es nicht ist: ein Therapeutikum, ein Mittel zur Herstellung des lieben Friedens in einer Partei, ein Versorgungsjob. Passiert leider immer wieder. Hilft indes nur denen, die Klischees über Politiker für vollständig wahr halten

© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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