Mittelmeer:Krise an Deck

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Spanien bietet dem Schiff "Open Arms" die Balearen als sicheren Hafen an. Die Seenotretter allerdings wollen nicht. Es sei zu weit.

Von Andrea Bachstein, München

Die Crew des spanischen Rettungsschiffs Open Arms hat am Montag ein weiteres Angebot der eigenen Regierung abgelehnt. Madrid hatte angeboten, dass das Schiff mit 107 Migranten an Bord an der Baleareninsel Menorca anlegen könnte. Eine mehrtägige Überfahrt könne den teils traumatisierten 107 Flüchtlingen nach zweieinhalb Wochen an Bord nicht mehr zugemutet werden, sagte "Open-Arms"-Initiator Oscar Camps. "Wir sind überfordert, die 107 Leute zu betreuen, die wir noch an Bord haben", twitterte er.

Bereits am Sonntag hatte Open Arms das Angebot von Regierungschef Pedro Sánchez abgelehnt, in Algeciras zu landen. Es sei unmöglich, mit dem Schiff die rund einwöchige Fahrt dorthin anzutreten. Die hygienischen Bedingungen nach Wochen mit anfangs rund 150 Geretteten und dazu 19 Helfern seien nicht mehr verantwortbar, vor allem aber seien die Migranten psychisch an ihre Grenzen gekommen. Die Strecke nach Menorca wäre fast um die Hälfte kürzer als nach Algeciras gewesen.

Die Open Arms lag zuletzt weniger als einen Kilometer vor der sizilianischen Insel Lampedusa, wo ihr der italienische Innenminister Matteo Salvini das Anlegen untersagt. Lediglich zwei Dutzend Minderjährige und einige Kranke durften auf die Insel. Open Arms beklagte, dass man den Menschen bei schlechten Wetterbedingungen nochmals eine dreitägige Fahrt zumuten wolle, obwohl das Schiff so nahe an Lampedusa stehe. Doch Lega-Innenminister Salvini wiederholte am Montag, er werde die Open Arms nicht in Italien anlegen lassen.

Der italienische Transportminister Danilo Toninelli hat hingegen angeboten, die ihm unterstehende italienische Küstenwache könne die Open Arms mit Schiffen begleiten. Sein Vorschlag könnte mit der zerbrechenden Koalition in Italien zu tun haben: Toninelli gehört der Cinque-Stelle-Partei an, die derzeit auf Konfrontationskurs mit Salvinis Lega liegt.

Die EU-Kommission appellierte an die Mitgliedsländer, nun möglichst schnell eine Lösung zu finden. Das gelte auch für die fast 360 Menschen, die auf einem anderen privaten Rettungsschiff ohne Landeerlaubnis momentan aufs Meer verbannt sind. Die Ocean Viking, die für Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranée im Einsatz ist, kreuzt seit mehr als einer Woche mit den geretteten Migranten zwischen Sizilien und Malta herum. Fast ein Drittel der Menschen sind Ärzten ohne Grenzen zufolge minderjährig.

© SZ vom 20.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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