Ministerien:"Der Christian und ich"

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Wie werden die Tiere gehalten, wie gefüttert, und welche Qualität hat später das Fleisch? Solche Fragen stellen heute viel mehr Verbraucher als früher. Deshalb wächst auch der Markt für Bio-Lebensmittel so stark. (Foto: Felix Kästle/dpa)

Der Agrarminister muss ständig mit Querschüssen aus dem Umweltressort rechnen. Nun ist eine Kooperation geplant.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Als Barbara Hendricks das erste Mal lächelt, hat sich ihr Kollege Christian Schmidt gerade unglücklich verhaspelt. Der Landwirtschaftsminister erzählt vom "Greening", dem grünen Umbau der EU-Agrarsubventionen. Doch Schmidt sagt "Greenpeace" nicht "Greening", was sich mit dem Druck erklären lässt, den die Umweltorganisation derzeit auf den Minister ausübt. Das amüsiert die Umweltministerin. Schmidt macht trocken weiter.

Schmidt und Hendricks nebeneinander bei einer Pressekonferenz, das allein hat Seltenheitswert. Zwei Minister hat die Sozialdemokratin derzeit auf dem Kieker, beide gehören der CSU an. Der andere heißt Alexander Dobrindt. Während der Verkehrsminister vor allem rund um Abgasaffäre, Dieselmotoren oder zuletzt überlangen Lkw mit Hendricks zu tun bekommt, kann Schmidt so gut wie keinen Schritt ohne Querschüsse aus dem Umweltministerium tun. "Das Thema Landwirtschaft und Umweltschutz liegt mir persönlich sehr am Herzen", sagt Hendricks am Montag. Schmidt dürfte das kaum entgangen sein.

Dabei haben die beiden diesmal tatsächlich ein - wenn auch kleines - gemeinsames Projekt. Beide sind Schirmherren einer Aktion mit dem putzigen Akronym "Franz". Die Abkürzung bedeutet "Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturschutz mit Zukunft", wobei offenbleiben kann, ob Schmidt und Hendricks an die gleiche Zukunft denken. Über drei Jahre hinweg sollen zehn ausgewählte Betriebe testen, wie sich intensive Landwirtschaft mit dem Schutz der Artenvielfalt vereinbaren lässt. Bis der Test abgeschlossen ist, könnten die Ministerämter für beide schon Vergangenheit sein.

Die Meinungsverschiedenheiten dagegen liegen in der Gegenwart. Vorige Woche erst legte Hendricks öffentlichkeitswirksam einen Bericht über die Nitratbelastung des Grundwassers vor. Das Thema ist für Schmidt sensibel - nicht nur, weil die intensive Landwirtschaft zu den größten Verursachern des Problems zählt. Erbittert hatte er mit Hendricks auch über eine Neufassung der Düngemittelverordnung gestritten. Zwar haben sich die beiden am Ende geeinigt. Doch Hendricks lässt jetzt schon durchblicken, dass sie nichts gegen Auflagen aus Brüssel hätte, die Verordnung zu verschärfen. Die Interessen, sagte sie vorige Woche, seien eben manchmal verschieden. Drei Tage später stritten beide über den Wolf, dessen Rückkehr mancherorts Schäfer betrübt. Schmidt fordert eine Obergrenze - Hendricks lehnt sie ab.

"Das Umweltressort geht mit manchem Vorstoß zu weit", intervenierte Schmidt verzweifelt

Das sind Kleinigkeiten gegen die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre: Erst konnten sich die beiden Häuser nicht auf eine Regelung für Gentechnik einigen, dann lagen sie über das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat überkreuz. Im Sommer präsentierte Hendricks, die auch Bauministerin ist, einen Vorschlag gegen die Expansion von Mastbetrieben: Eine Änderung des Baurechts solle verhindern, dass Landwirte ohne große Genehmigungsverfahren neue Mastanlagen errichten dürfen. "Das Umweltressort geht mit manchem Vorstoß zu weit", intervenierte Schmidt zwischenzeitlich. "Das ist doch kein Überministerium." Der Einwurf klang fast verzweifelt.

Dabei ist sein Ministerium ein geborenes Ziel für Hendricks. Am Wirtschaftsministerium kann sie sich nicht abarbeiten, dort regiert ihr Parteichef Gabriel und mit ihm die Gewerkschaften. Mit Naturschutz in der Landwirtschaft dagegen kann sie punkten, ohne Parteifreunde oder Wähler zu verprellen: Konventionelle Bauern sind selten SPD-Freunde. Obendrein beackert sie damit ein Feld, das die Grünen gerne bestellen würden, allen voran Fraktionschef Anton Hofreiter. Was liegt näher als ein Konflikt mit Christian Schmidt?

Subtil muss er sein, das schon. Am Montag ist von Streitereien nichts zu spüren, ganz im Gegenteil. "Der Christian und ich", sagt Hendricks leutselig, "arbeiten sehr gut zusammen." Schließlich habe man sich auch auf einen gemeinsamen Wasserrahmenplan verständigt, oder auf die EU-Naturschutzrichtlinie. "Es gibt unterschiedliche Akzente", sagt Schmidt, "das liegt in der Natur der Sache." Umso glücklicher sei er nun über das gemeinsame Projekt. Denn in Sachen Naturschutz sollen da die zehn "Praktiker der Landwirtschaft", wie Schmidt sie nennt, mit Umweltschützern zusammenarbeiten. "Hier wird nicht übereinander geredet, sondern miteinander." Da sind die Bauern den beiden vielleicht sogar voraus.

© SZ vom 10.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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