Migranten:Kleine Botschafterin

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Sofia Cruz, 5, aus Los Angeles, ist in den USA geboren und damit Staatsbürgerin. Ihren Eltern droht dagegen jeden Tag die Abschiebung. (Foto: Alex Brandon/AP)

Die fünfjährige Sofia Cruz bittet um Hilfe für illegale Einwanderer - aus ganz persönlichen Gründen.

Von Nico Richter, Washington

Plötzlich hat sie die Absperrung überwunden, und als die Leibwächter sie zurückschicken wollen, sagt der Papst: "Bringt sie zu mir." Die Zuschauer jubeln und kreischen, und den ganzen Tag lang werden die Fernsehsender diese Bilder wiederholen, wie die fünfjährige Sofia Cruz dem Papst einen Umschlag überreicht. In dem Brief erzählt sie von einem modernen Schicksal: Sofia Cruz ist in den USA geboren und damit amerikanische Staatsbürgerin, ihre Eltern aber sind ohne Papiere aus Mexiko eingewandert - ihnen droht jederzeit die Abschiebung. "Papst Franziskus, mein Herz ist traurig. Ich glaube, dass ich das Recht habe, mit meinen Eltern zu leben. Ich habe das Recht, glücklich zu sein."

Natürlich klingt dieser Brief so, als hätten ihn Erwachsene geschrieben, nicht eine Fünfjährige. Der Auftritt der kleinen Sofia ist überdies gut organisiert, die Hilfsorganisation "La Hermandad" aus Los Angeles hat das Mädchen als Botin ausgewählt, nachdem ein ähnlicher Plan, den Papst zu erreichen, bereits einmal in Rom funktioniert hat. Bald kursieren auch der Text des Briefes sowie eine Kopie des Bildes, das Sofia für den Papst gemalt hat - es zeigt den Heiligen Vater mit verschiedenen Kindern, sowie auf Spanisch die Worte: "Meine Freunde und ich lieben einander, egal wie unsere Hautfarbe ist."

Der Auftritt mag also nicht ganz spontan gewesen sein, aber die Geschichte der Familie Cruz ist offenbar echt. Rafael Cruz, der Vater, einer von elf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsrecht in den USA, arbeitet nachts in einer Fabrik, in der er Metallteile verzinkt. Der Umgang mit Einwanderern ist zurzeit das beherrschende Thema im Vorwahlkampf der republikanischen Partei für die Präsidentschaft. Der laut Umfragen führende Kandidat Donald Trump setzt Einwanderer mit Verbrechern gleich, verlangt den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko und sagt, dass er als Präsident sämtliche "Illegalen" im Land abschieben lassen würde.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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