Merkel:Ruhig Blut

Die Kanzlerin, nervös? Darauf können ihre Gegner lange warten.

Von Ferdos Forudastan

Gibt es eigentlich nichts, was diese Frau so richtig aufregt ? Kein Koalitionspartner, der ihre Regierung ins Chaos gestürzt hat? Kein Europa, das auseinanderzubrechen droht? Kein US-Präsident, der sie unablässig attackiert? Angela Merkel schaffte es, ihre traditionelle Sommer-Pressekonferenz zu absolvieren, als lägen Zeiten des politischen business as usual hinter ihr und keine Schicksalswochen einer Kanzlerin.

Zu dem für die Koalition existenzgefährdenden Asylstreit mit der CSU war ihr nichts Kritischeres zu entlocken, als dass die Tonalität sehr schroff gewesen und die Form der Auseinandersetzung verbesserungsfähig sei. Zu ihrem ärgsten Widersacher Horst Seehofer ließ sie vernehmen, ein Minister müsse die Richtlinienkompetenz der Regierungschefin akzeptieren. Zu Donald Trump mochte sie kaum mehr sagen, als dass man sich in einer ernsten Situation befinde, aber es sich lohne, mit Washington über Lösungen zu streiten. Und auf die Frage, wie erschöpft sie sei, gab Merkel gerade mal zu, dass sie sich auf ihren Urlaub freut.

Nein, diese Kanzlerin hat ganz offenkundig nicht vor, den vielen Kommentaren aus jüngster Zeit zu entsprechen, wonach sie heftig angeschlagen, ja massiv geschwächt sei und kurz vor dem politischen Ende stehe. Ihre Botschaft ans Publikum lautete vielmehr: Ihr könnt mich abschreiben, so oft und so lange ihr mögt, ich bewahre die Ruhe. Und rüberbringen wollte sie offensichtlich auch dieses: Auf das Niveau von Wüterichen wie Seehofer oder Trump begebe ich mich nicht herab.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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