Menschenschmuggel:Schleuser im Visier

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Innenminister de Maizière pocht auf die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei. Die EU will vor allem Schleusern ihr Geschäftsmodell zerstören und eine legale Migration nach Europa ermöglichen.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Nach der Grundsatzeinigung mit der Türkei haben die EU-Innenminister am Donnerstag in Brüssel über die weiteren Schritte und die Details der Zusammenarbeit gesprochen. Bis zum nächsten Gipfel in einer Woche seien die rechtlichen Probleme sicher gelöst, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Die Türkei hatte versprochen, alle Flüchtlinge zurückzunehmen, die noch nach Griechenland kommen; im Gegenzug soll die EU die gleiche Anzahl an Syrern direkt aus der Türkei ausfliegen. Längerfristig will die EU der Türkei eine größere Zahl von Syrern über eine dauerhafte Luftbrücke nach Europa abnehmen. Eine der umstrittenen Voraussetzungen des Plans ist, dass Griechenland und auch die ganze EU die Türkei als "sicheren Drittstaat" ansehen, als Staat also, in den Flüchtlinge unter bestimmten Voraussetzungen und nach vorheriger Prüfung legal abgeschoben werden dürften.

EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos bekräftigte, die EU werde sich an alle internationalen Menschenrechtsnormen halten, insbesondere an die Genfer Flüchtlingskonvention, die pauschale Abschiebungen ganzer Gruppen von Flüchtlingen untersagt.

In den vergangenen Tagen war herbe Kritik aus allen Richtungen geäußert worden: in schärfster Form aus dem Europäischen Parlament, von Menschenrechtsgruppen und am Donnerstag auch vom UN-Menschenrechtskommissar. Diese Kritik sei willkommen, so de Maizière, solange sie lösungsorientiert sei. Dann werde man die Kritikpunkte "abarbeiten". Das Ziel bleibe, das Geschäftsmodell der Schleuser zu zerstören. Deshalb müsse nun mit der Rückführung von Griechenland in die Türkei begonnen werden, um später eine legale Migration Richtung Europa zu organisieren, "in geordneter Form" sowie "in niedriger Dimension". Der Minister deutete an, dass es möglich sein könnte, bei der jährlichen Aufnahme jene Schwelle von 160 000 Flüchtlingen zu unterschreiten, die bisher für die Umverteilung aus Griechenland, Italien und Ungarn gewählt worden war. Denkbar sei, die für Ungarn reservierten 54 000 Plätze umzuwidmen. Er machte auch deutlich, dass ein aus Griechenland abgeschobener Syrer nicht mehr per Umsiedlung legal nach Europa kommen dürfe. Um den Schmuggel zu stoppen, könne es nur das eine oder das andere geben.

Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner äußerte zwar Zweifel an der Kooperation mit der Türkei und fragte, "ob wir unsere Werte letztendlich über Bord werfen". Allerdings ließ sie auch durchblicken, dass ihr Land den Türkei-Kurs im Prinzip richtig finde. Es gebe nur "viele praktische und rechtliche Fragen". Einig waren sich die Minister, dass Griechenland Hilfe brauche. De Maizière betonte aber, die jetzige Zahl der Flüchtlinge in Griechenland sei im Verhältnis zur Bevölkerung "immer noch deutlich niedriger" als in Deutschland, Österreich oder Schweden vergangenes Jahr.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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