Meine Presseschau:Wut auf den Präsidenten

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(Foto: Bernd Schifferdecker)

Südafrikas Öffentlichkeit ist aufgewühlt, seit Jakob Zuma einen Günstling zum Finanzminister machen wollte. Selbst regierungsnahe Medien stellen sich gegen Zuma.

Ausgewählt von Tobias Zick

Südafrika ist in Aufruhr, seit Präsident Jacob Zuma am Mittwoch letzter Woche ohne Begründung seinen Finanzminister entließ, einen Widersacher, der ihm immer wieder bei großen, teuren und intransparenten Plänen im Weg stand. Landeswährung und Aktienkurse stürzten ab, auch in den eigenen Reihen erntete Zuma einen Sturm der Entrüstung. Vier Tage später berief er den unbekannten Parteikumpanen, den er auf den Posten gehievt hatte, wieder ab und ersetzte ihn durch den angesehenen Pravin Gordhan, der dem Land schon von 2009 bis 2014 als Finanzminister gedient hatte.

Der Schritt stoppte den Fall der Kurse, und das Wirtschaftsblatt Business Day äußerte sich noch Tage später erleichtert: "Nicht auszudenken, was bei der Eröffnung der Märkte am Montag passiert wäre, wenn Präsident Jacob Zuma seine Entscheidung, einen Hinterbänkler auf den höchsten Finanzposten zu berufen, nicht rückgängig gemacht hätte." Doch die Verunsicherung, die das Personalgeschiebe ausgelöst hat, sei nicht gebannt, und damit auch nicht die Gefahr einer weiteren Abwertung der Bonität durch Rating-Agenturen. Gordhan habe zudem wenig in der Hand, um Wachstum zu schaffen: "Seine Aufgabe war schon hart, als er letztes Mal seine Füße als Finanzminister unter den Schreibtisch gestellt hat. Diesmal ist sie noch unermesslich viel härter."

Ohnehin war die Entlassung des Finanzministers aus Sicht vieler Südafrikaner nur das jüngste Beispiel für den selbstherrlichen, korrupten Regierungsstil, mit dem Zuma die von Nelson Mandela aufgebaute "Regenbogennation" in den Abgrund treibt. Bei Demonstrationen forderten Tausende Zumas Rücktritt - und auch wenn hohe Funktionäre der Regierungspartei ANC (African National Congress) sich demonstrativ hinter ihn stellen, verstummt die Kritik nicht. Selbst T he Sowetan, einst Sprachrohr der Anti-Apartheid-Bewegung und noch heute ANC-nah, kritisiert den Präsidenten: "Es herrscht wachsender Konsens in der Gesellschaft, dass Zuma eine Antithese dessen ist, was der ANC eigentlich verkörpern sollte." Der Präsident stehe für die "problematische und korruptionsanfällige Beziehung zwischen der neuen politischen Elite, dem aufstrebenden und dem etablierten Kapital." Er sei deshalb "in vielerlei Hinsicht ungeeignet, als Vorbild zu führen".

Die kritische Wochenzeitung Mail&Guardian begrüßt die Demonstrationen als "Sonnenstrahl" der demokratischen Kultur - bemerkt allerdings auch, dass die Gesichter des Protests in dieser Woche "überwiegend weiß" waren, zudem seien manche der Zuma-kritischen Kommentare in sozialen Netzwerken "unverblümt rassistisch" gewesen. Dies mache es "Partei-Ideologen" leicht, die Proteste als bloßes Aufbegehren "privilegierter Weißer" darzustellen, die "ihre Reichtümer nicht aufgeben wollen". Umso wichtiger sei es sicherzustellen, dass "die Bewegung nicht von Rassisten gekapert wird - und dass die Proteste gegen Korruption und Unverantwortlichkeit weiter anschwellen".

Nun ist Südafrika nicht irgendein Land, sondern das wirtschaftlich am weitesten entwickelte - und seit dem friedlichen Übergang von der Apartheid zur Demokratie vor zwei Jahrzehnten Vorbild für den Rest Afrikas; Lokomotive einer "afrikanischen Renaissance", wie sie Zumas Vorgänger Thabo Mbeki ausgerufen hatte. Was sich hier abspielt, wird entsprechend im Rest des großen Kontinents aufmerksam verfolgt. Le Pays aus dem westafrikanischen Burkina Faso etwa wertet das "haarsträubende" Personalchaos als Anzeichen dafür, dass Südafrika "im Begriff ist, sich in die Kohorte der Bananenrepubliken einzureihen".

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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