Meine Presseschau:Schweigen auf dem Kontinent der Hoffnung

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(Foto: a)

Auf dem G-20-Gipfel in Hamburg möchte Angela Merkel Afrika zum Thema mache. Die Betroffenen halten sich zurück.

Von Isabel Pfaff

Selten haben deutsche Minister so oft und so viel über Afrika gesprochen wie im vergangenen Jahr. Entwicklungsminister Gerd Müller begann damit, einen "Marshallplan für Afrika" zu entwerfen, aus dem Wirtschaftsministerium stammt die Initiative "Pro! Afrika", und das Finanzministerium hat die sogenannten Compacts with Africa, Investitionspartnerschaften mit ausgewählten afrikanischen Staaten, ins Leben gerufen. Hinter den vielen Projekten steckt das Vorhaben der Bundesregierung, die "Chancenregion Afrika" zum Schwerpunkt ihrer G-20-Präsidentschaft zu machen - nicht zuletzt, weil sie befürchtet, dass sich bald noch mehr junge Afrikaner nach Europa aufmachen könnten als heute schon.

Während deutsche Zeitungen im Vorfeld des Hamburger G-20-Gipfels voll sind von Berichten über den neuen Afrika-Fokus der Kanzlerin, halten sich afrikanische Medien erstaunlich zurück. Nur wenige Blätter und Nachrichtenseiten erwähnen und bewerten die deutschen Pläne. Das mag damit zu tun haben, dass sich Initiativen wie die "Compacts with Africa" bislang nur auf sehr wenige Länder beschränken - oder damit, dass schon viele westliche Politiker dem Kontinent die große Wende versprochen haben, ohne wirklich spürbare Folgen.

Die paar afrikanischen Kommentatoren, die sich der deutschen Offensive annehmen, zeigen sich jedenfalls kritischer als ihre deutschen Kollegen. Etwa L'Observateur Paalga, eine der ältesten Tageszeitungen Burkina Fasos: Ob die Initiative der Bundesregierung Afrika wirklich voranbringe, sei zu bezweifeln, schreibt das Blatt. Darum gehe es Deutschland aber auch nicht vorrangig. Wenn afrikanische Staatschefs nach Berlin kommen, um Investitionspartnerschaften mit G-20-Mitgliedern zu schließen, "ist das oberste Ziel, den Migrationsstrom einzudämmen, indem man die Verdammten dieser Erde dazu bringt, zu Hause zu bleiben". Das sei aber nachvollziehbar aus deutscher Perspektive. "Die Entwicklung unserer Staaten ist zuallererst die Aufgabe unserer Anführer."

Die Nachrichtenseite LeDjely.com aus dem westafrikanischen Guinea vermutet Wirtschaftsinteressen hinter den deutschen Afrika-Programmen: "Man sollte nicht naiv sein. Deutschland hat keinesfalls einen philanthropischen Weg eingeschlagen", schreibt das Portal. Stattdessen rechne es mit Aufträgen für deutsche Firmen. Langfristig wolle Deutschland zur Entstehung einer afrikanischen Mittelklasse beitragen - "mit einer Kaufkraft, die es ihr erlaubt, Produkte made in Germany zu erwerben."

Wohlwollender äußern sich drei prominente afrikanische Unternehmer in einem Gastbeitrag für Le Monde Afrique, dem Afrika-Ableger der großen französischen Tageszeitung. Die beiden Milliardäre Mo Ibrahim und Aliko Dangote sowie der ehemalige Chef der afrikanischen Entwicklungsbank, Donald Kaberuka, begrüßen die Investitionspartnerschaften. Ihrer Ansicht nach gibt es aber blinde Flecken in dem Programm. So dürften die "Compacts" nicht nur jenen Staaten offenstehen, die ohnehin schon wirtschaftlich erfolgreich sind, sondern auch den schwächeren Kandidaten. "Gerade sie brauchen zusätzliche Unterstützung, denn ihr Scheitern gefährdet auch ihre Nachbarn." Die Autoren sehen es außerdem kritisch, dass eine gute Regierungsführung und der Kampf gegen Korruption und Geldwäsche bei der Auswahl der Partner fast keine Rolle spielen. "Diese internationale Partnerschaft darf nur jenen afrikanischen Regierungen angeboten werden, die zuerst an ihre Bürger denken", finden die drei Unternehmer.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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