Meine Presseschau:Freiheit ist nur ein anderes Wort...

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Die Reform der EU zum Urheberrecht wird international verschieden bewertet - je nach Perspektive.

Von Johan Schloemann

Die Debatte über die Urheberrechtsreform, für die das EU-Parlament in dieser Woche stimmte, wurde international wahrgenommen, aber besonders laut von Deutschen geführt. Dabei kam es allerdings zu Übersetzungsfehlern. Gemeint ist nicht, dass offenbar einige Europaabgeordnete bei der Abstimmung in Straßburg aus Versehen auf den falschen Knopf gedrückt haben, sondern die Verwendung des Wortes "frei", das im englischen Original auch einfach "kostenlos" bedeuten kann. In einem Beitrag über die Zukunft des digitalen Publizierens schrieb der Oxforder Literaturprofessor Seamus Perry vor einigen Wochen im Times Literary Supplement: "Immer wenn die Leute etwas als ,frei' beschreiben, meinen sie in Wahrheit, dass irgendjemand anders dafür bezahlt."

Auch nicht leicht nach Deutschland zu übersetzen sind die Urteile der Brexit-freundlichen britischen Presse über die Urheberrechtsreform: Sie sei "genau die Form anti-innovativer Regulierung", vor der Großbritannien jetzt fliehe, meint der Daily Telegraph, und sie zeige "das Demokratiedefizit, das zum Brexit geführt hat" . Die EU habe ja immer schon mit Protektionismus der Insel ökonomisch geschadet. Letztere Behauptung ist zwar höchst fraglich, aber auch der neutralere Economist sieht die Brüsseler Copyright-Richtlinie als "einen weiteren Fall von Asterix-Denken", mit dem sich Europa gegen globale Herausforderungen stemme.

Der Verband Electronic Frontier Foundation, der sich für digitale Bürgerrechte (und weniger für Urheberrechte) einsetzt, analysiert auf seiner Website, wie es nun rechtlich weitergehen könnte: Anstatt gegen die Reform vor die europäischen Gerichte zu ziehen, könnten die Netz-Giganten Vergleiche schließen und riesige Ablasszahlungen an die Rechteinhaber abdrücken. Darum solle man sich nicht auf die Lobby des Silicon Valley verlassen, sondern es müssten sich weiterhin "Millionen normaler User online und auf den Straßen miteinander verbünden".

Es gibt über die Urheberrechtsdebatte noch viele weitere interessante Artikel in Zeitungen und Magazinen aus aller Welt, aber wer sie im Netz lesen will, stößt auf eine Bezahlschranke. Das heißt: Auch Medien, die für ein "freies" Internet eintreten, wollen mit ihren entsprechenden Meinungen Geld verdienen.

© SZ vom 30.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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