Meine Presseschau:Europa erkennt die Macht der Mafia-Clans

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(Foto: N/A)

Niederländische Zeitungen beschäftigen sich mit der großen Razzia gegen die kalabrische 'Ndrangehta. Am besten aber kennen sich etliche Journalisten aus Süditalien mit dem Thema aus.

Von Andrea Bachstein

Solch eine internationale Operation gegen eine Mafia gab es noch nicht. Unter dem Codenamen "Pollino" schlugen Polizeikräfte gegen die kalabrische 'Ndrangheta koordiniert zu, vor allem in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Belgien. Was herauskam, schreckte die Deutschen auf - so weltumspannend, so mächtig ist diese Mafia, und mancher entdeckte, dass die Pizzeria nebenan nur Fassade ist. Ähnlich ergeht es den Niederländern. De Volkskrant aus Amsterdam lobte nun, dass die Behörden versuchen, Schritt zu halten mit der Globalisierung des Verbrechens: "Hauptgrund für die jetzige Verhaftungswelle ist, dass die Polizeien in verschiedenen Ländern zunehmend in der Lage sind, miteinander zu kooperieren, weil dies dringend erforderlich ist." Und sie zitiert den italienischen Anti-Mafia-Staatsanwalt Federico Cafiero De Raho mit dem, was so beunruhigt: "Die 'Ndrangheta ist eine Organisation, die Länder schweigend überfällt und sie dann verschmutzt." Gemeint ist die Infiltrierung der Wirtschaft mit schmutzigem Geld. De Volkskrant lässt keine Hoffnung, dass das organisierte Verbrechen bald überwunden sei und gibt wieder De Raho das Wort: "Dazu müssten Tausende Menschen verhaftet und Milliarden Euro beschlagnahmt werden."

Im Heimatland der 'Ndrangheta war die spektakuläre Aktion nicht auf den Titelseiten der großen Zeitungen. In Italien überrascht weniger, was herauskam, und am Vortag war gerade der Schlag gegen die Cosa Nostra in Palermo in den Schlagzeilen. Aber in La Repubblica aus Rom erinnerte der Deutschland-Korrespondent daran, was italienische Anti-Mafia-Ermittler schon 2007 nach dem Schock der 'Ndrangheta-Morde in Duisburg beklagten: Deutschland habe nicht begriffen, was los ist, Polizei und Justiz seien nicht gerüstet für Mafia-Methoden. La Repubblica erkennt wenig Veränderung: Viele Deutsche "geben vor, weiter dies nicht zu sehen: Dass der Wohlstand, Bargeldzahlungen ohne Limit und das Fehlen speziell definierter Tatbestände für Mafiosi Deutschland zum Paradies der Geldwäsche und Geschäfte der Clans machen." Und dabei "hat die 'Ndrangheta seit den Siebzigerjahren ihre Metastasen überall in Deutschland verstreut". So werden die Deutschen also aus Italien vor der Mafia gewarnt, und dort hat man längst gelernt. Tief in die Details stiegen einige Medien in Kalabrien ein, Stammregion der 'Ndrangheta. Die Online-Zeitung Strettoweb dokumentiert jeden Namen der Verdächtigen, wo und wann geboren, welcher Clan, in Haft oder frei, Taten, Scheinfirmen, samt Aktenzeichen. So etwas wird wichtig, wo die Bürger stets konfrontiert sind mit der Macht der Clans und dem schrecklichen Schaden, den sie in Gesellschaft und Wirtschaft anrichten.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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