Meine Presseschau:"Battle loyale" mit Friedrich Merz

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Karoline Meta Beisel ist EU-Korrespondentin der SZ mit Sitz in Brüssel. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Auch das Ausland interessiert sich für den Dreikampf um die Nachfolge von Angela Merkel als CDU-Vorsitzende. Man hatte allgemein eine heftigere Fehde erwartet - der Streit ums Asylrecht allerdings sorgt doch für Aufsehen.

Von Karoline Meta Beisel

Am Tag nach der Provokation folgte die Beschwichtigung: "Ich bin für die Beibehaltung des Grundrechts auf Asyl. Punkt", sagte Friedrich Merz, Kandidat für die Nachfolge Angela Merkels als CDU-Parteivorsitzender am Donnerstagabend in Halle an der Saale. Dort fand die vierte von acht Regionalkonferenzen statt, auf denen sich die Kandidaten Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn bei der Parteibasis vorstellen. Am Tag zuvor hatte er auf einer Veranstaltung in Thüringen noch gefordert, man müsse offen darüber reden, ob dieses Grundrecht "in dieser Form fortbestehen" könne. Das findet man auch im Ausland bemerkenswert.

Der britische Guardian schreibt, dass das weltweit einzigartige Individualgrundrecht auf Asyl im deutschen Grundgesetz eine Reaktion auf die Nazizeit und den Holocaust gewesen sei und von vielen als unantastbar angesehen werde. Die Regionalkonferenzen der CDU zeigten nun, bis zu welchem Grad die Migrationsfrage nach wie vor die Partei bewege. Das Thema werde vermutlich auch den Kampf um Merkels Nachfolge weiter dominieren, der auf einem Parteitag Anfang Dezember entschieden wird.

El Periódico aus Katalonien nennt Merz' Wortwahl einen "überraschenden Wechsel des Tons". Merz habe sich im Wissen, dass das Rennen wohl zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer und ihm entschieden werde, für einen härteren Kurs entschieden. Dahinter stecke der Versuch, konservativere Stimmen inner- und außerhalb der CDU für sich zu gewinnen. Es sei darum auch kein Zufall, dass die umstrittene Äußerung bei der ersten Regionalkonferenz in Ostdeutschland gefallen sei, wo sich die Christdemokraten ein "Kopf-an-Kopf-Rennen" mit der AfD lieferten.

Das Nachrichtenportal Politico schreibt, der Streit um Merkels Nachfolge habe alle Elemente, die es für einen großen Showdown brauche: "bunte Charaktere, alten Groll und, am wichtigsten, die Aussicht auf große Macht und Einfluss für den Sieger". Dennoch spricht das Portal von einem "Battle loyale"; die Regionalkonferenzen zeigten bislang eher, was die drei Kandidaten gemeinsam haben, als was sie trenne. An dem geschilderten Abend "schien der größte Unterschied zwischen den dreien ihre Körpergröße zu sein". Dass Merz den meisten Applaus bekommen habe, könne aber auch mit der Zusammensetzung des Publikums zu tun gehabt haben, schreibt Politico, welches tendenziell eher männlich und eher älter gewesen sei: "In anderen Worten: durch und durch CDU."

Deutlichere Worte findet Le Figaro, der im Publikum von Seebach, Thüringen, vor allem Ruheständler entdeckte. Diese wollten jetzt wieder jenen Friedrich Merz sehen, den sie vor Jahren kennengelernt hätten, und der die vergangenen zehn Jahre "im Schatten" über seine Rache gegrübelt habe. Die Zeit in der Finanzwelt habe seinen Ruf allerdings nicht beschädigt, schreibt die französische Tageszeitung in einem Porträt: "Deutschland ist nicht Frankreich, was Wechsler zwischen der Wirtschaft und der Politik angeht."

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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