Medizin:Nur im äußersten Notfall

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Ärzte wollen, dass weniger Menschen Ambulanzen aufsuchen. Sachverständige stellen Ideen vor, wie das gelingen kann.

Von Sebastian Jannasch, Berlin

Wenn nachts der Magen drückt oder der Kopf unerträglich schmerzt, rufen immer mehr Betroffene gleich den Rettungswagen oder fahren selbst in die Notaufnahme. Krankenhäuser klagen über überfüllte Ambulanzen, in denen Menschen sitzen, die keine wirklichen Notfälle sind und beim Bereitschaftsdienst niedergelassener Ärzte besser aufgehoben wären. Die Politik wiederum stört sich an den höheren Kosten, nicht zuletzt, weil für die Kliniken ein finanzieller Anreiz besteht, Patienten auch stationär zu behandeln anstatt nur ambulant in der Rettungsstelle.

Der von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) berufene Sachverständigenrat Gesundheit stellte deshalb am Donnerstag einen Zwischenbericht vor, wie die Notfallversorgung besser organisiert werden könne. Unter dem Schlagwort "Ein-Tresen-Konzept" lässt sich zusammenfassen, wovon sich die Sachverständigen eine Entlastung versprechen. Da es vielen Menschen wohl nicht mehr abzugewöhnen ist, zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Notaufnahme zur schnellen Behandlung aufzusuchen, sollen zwei zentrale Anlaufstellen gebildet werden, die Patienten nach Dringlichkeit verteilen. Erstes Element ist eine "integrierte Leitstelle", die den Notruf 112 und die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117, die bundesweit ohne Vorwahl gewählt werden kann, zusammenfasst. Eine einheitliche Nummer führt dann zu einer regionalen Stelle. Dort soll Fachpersonal entscheiden, ob dem Betroffenen ein Bereitschaftsarzt geschickt wird oder ob ein Rettungsdienst notwendig ist.

Zweites Element sind "integrierte Notfallzentren", wo geschultes Personal und Ärzte "an einem Tresen" entscheiden, ob der Patient zu einem niedergelassenen Arzt, einem Bereitschaftsarzt oder in die Notaufnahme überwiesen wird. Solche Zentren sollen an ausgewählten Krankenhäusern entstehen. Bei der Vorstellung in Berlin drückte Gröhe "große Sympathie" für das Modell aus. Auch Vertreter von Kassenärzten, Kliniken und Krankenkassen signalisierten grundsätzliche Unterstützung. Auf Skepsis stieß aber die Idee, die neuen Zentren als eigenständige Organisationen zu betreiben. Mitte 2018 will der Sachverständigenrat seine finalen Empfehlungen überreichen. Die Mitglieder rechnen aber damit, dass sich ihre Ideen schon im nächsten Koalitionsvertrag widerspiegeln werden.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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