Malta:Landung im Ungewissen

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Das Flüchtlings-Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Mission Lifeline im Hafen von Valletta. 234 Migranten hatte es an Land gebracht, unter ihnen drei Babys, schwangere Frauen und Kinder. (Foto: Jonathan Borg/dpa)

Die 234 Flüchtlinge, die eine Woche lang an Bord der "Lifeline"ausharen mussten, sind in Valletta auf Malta. Neun Länder wären bereit, die Geflohenen aufzunehmen. Italiens Regierung sieht sich als Sieger.

Von Oliver Meiler, Rom

Festen Boden unter den Füßen, aber noch keine Gewissheit. Die 234 Flüchtlinge, die eine Woche an Bord der Lifeline ausharren mussten, weil weder Malta noch Italien das Rettungsschiff anlegen ließ, durften also nach ihrer Odyssee am Mittwochabend in La Valletta an Land. Es erwarteten sie Sanitäter mit weißen Overalls und Mundschutz - und viel "Pulizija", Polizei. Polizeibusse brachten die Migranten in Auffanglager, das Fernsehen filmte aus der Ferne. Offensichtlich war Maltas Regierung bemüht, den Fall auch symbolisch möglichst klar zu definieren. "Einmalig", sei er, sagte Premier Joseph Muscat, also kein Präzedenzfall. Muscat sprach von einer "Ad-hoc-Einigung", um eine "humanitäre Eskalation" zu verhindern.

Neben acht Ländern, die anfangs zur Einigung beitrugen, Malta, Italien, Portugal, Frankreich, Irland, Belgien, den Niederlande und Luxemburg, kam am Donnerstag Norwegen hinzu, das bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen. Nur fragt sich, wie viele der 234 Lifeline-Passagiere Aussicht haben, in Europa bleiben zu dürfen, 17 sind Frauen, fünf Kinder. Muscat kündigte an, sie würden in politische und wirtschaftliche Flüchtlinge getrennt. Letztere würden in ihre Herkunftsländer zurückgebracht, der Rest auf die neun Länder verteilt.

Italiens Regierung findet, der Fall zeige, ihr neuer Kurs im Umgang mit NGOs funktioniere. "Jahrelang wurde nur geredet", sagte Innenminister Matteo Salvini von der rechtsnationalistischen Lega: "Jetzt sprechen die Fakten." Auch Premier Giuseppe Conte spricht von einem "großen Sieg Italiens". Das Modell könne "ein großer Sieg für Europa" werden. Rom schwebt vor, dass künftig vor der Landung eines Rettungsboots entschieden werde, wie die Flüchtlinge auf die EU-Staaten verteilt werden. Andernfalls, so die unterschwellige Botschaft, schließe man weiter die Häfen.

Maltas Justiz will den Kapitän der Dresdner Lifeline, Claus-Peter Reisch, bereits am Montag vor Gericht stellen. Der Organisation wird vorgeworfen, sie kreuze mit falscher Beflaggung und die Crew schalte zuweilen den Transponder aus, damit das Schiff nicht zu orten sei. Die Lifeline habe Orders der Koordinationsstelle der italienischen Küstenwache missachtet, als sie nach Norden aufbrach. Der Sprecher der NGO erwiderte, man habe sich nur widersetzt, die Migranten zurück nach Libyen zu bringen, wo viele gefoltert worden seien.

© SZ vom 29.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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