Lutherstadt Wittenberg:Stilles Gedenken

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Die Veranstalter der "Weltausstellung Reformation" ziehen Bilanz: Im Jubiläumsjahr kamen weniger Besucher als erwartet.

Von Matthias Drobinski, München

Kunstwerk auf dem Marktplatz von Wittenberg. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Am Anfang herrschte Leere in den Wallanlagen rund um den historischen Kern der Lutherstadt Wittenberg, in den Medien hagelte es Kritik an der "Weltausstellung Reformation". Am Ende aber zeigten sich die Veranstalter der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Evangelischen Kirchentags zufrieden mit den insgesamt 16 Ausstellungswochen: Nach den "täglichen Schätzungen in der Stadt, in den Torräumen, auf dem Marktplatz und am Hauptbahnhof" seien seit der Eröffnung am 20. Mai "insgesamt 506 000 Menschen" nach Wittenberg gekommen, sagte Ulrich Schneider, der Geschäftsführer des Vereins Reformationsjubiläum 2017. Man habe "das hochgesteckte Ziel einer halben Million Besucher in Wittenberg erreicht". Margot Käßmann, die Lutherbotschafterin der EKD, räumte ein, dass zu Beginn nur wenige Besucher gekommen seien, zum Schluss aber sei es "richtig voll" gewesen. Sie sprach von einem "gelungenem Experiment".

Allerdings zählten die Veranstalter lediglich 294 000 Eintritte mit einer Eintrittskarte für die Weltausstellung, den Bibelturm am Hauptbahnhof oder eines der Konzerte, obwohl die Veranstalter die Preise gesenkt und die Leistungen verbessert hatten - Mehrfachbesuche sind da schon mit eingerechnet. Ursprünglich hatte man hier auf eine halbe Million verkaufte Tickets gehofft. Bereits beim Abschlussgottesdienst des Kirchentags in Wittenberg ende Mai und bei den "Kirchentagen auf dem Weg" waren die Teilnehmerzahlen hinter den Erwartungen zurück geblieben. Als Publikumsmagnet entpuppte sich in Wittenberg dagegen das Panorama das Künstlers Yadegar Asisi, das die Stadt vor 500 Jahren zur Zeit Martin Luthers zeigt und für das man Karten lösen konnte, auch ohne auch die Weltausstellung zu besuchen. Am Freitagvormittag wurde dort der 300 000. Besucher begrüßt. Das Panorama soll bis 2021 in Wittenberg stehen.

Margot Käßmann sagte, erstmals sei ein Reformationsjubiläum in Wittenberg ökumenisch, weltoffen, international und dialogorientiert gefeiert worden - das sei der wahre Erfolg der Weltausstellung.

Vor der Bilanz der Veranstalter hatten sich der prominente Wittenberger Pfarrer Friedrich Schorlemmer und sein Leipziger Amtsbruder Christian Wolff kritisch über das Reformationsgedenken geäußert. Auf dem Weg zum Jubiläumstag am 31. Oktober 2017 sei es versäumt worden, "die Krise der Kirche in der säkularen Gesellschaft offen anzusprechen", heißt es in einem Memorandum der Theologen. Vor allem aber die "Kirchentage auf dem Weg" seien "zum Fanal einer grandiosen Selbsttäuschung" geworden. Den dramatischen Traditionsabbruch in den Gemeinden habe auch das Reformationsjahr nicht stoppen können, so Schorlemmer und Wolff: "Wenn wir dem faktischen biblischen Analphabetismus und dem Traditionsabbruch innerhalb der Kirchen nicht offensiv begegnen, wird sich die Kirche weiter marginalisieren", schreiben sie.

© SZ vom 09.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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