Linke: Stasi-Vorwürfe gegen Gysi:Der einsame Kampf gegen die Akten

Trotz vieler belastender Unterlagen streitet Gregor Gysi ab, als IM für die Stasi gespitzelt zu haben. Das Dauerthema beschädigt seine Glaubwürdigkeit.

Thorsten Denkler, Berlin

Gregor Gysi und die Stasi. Es ist nicht ganz ungefährlich, darüber zu schreiben. Der Anwalt Gysi kontert schnell mit einer Klage, wenn ein Bericht den Anschein erweckt, er könnte inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit, also ein IM, gewesen sein. Darum braucht auch ein Kommentar über diese Causa viele Konjunktive.

Linke: Stasi-Vorwürfe gegen Gysi: Gregor Gysi: Zu den Stasi-Vorwürfen schweigt er mehr, als dass er redet.

Gregor Gysi: Zu den Stasi-Vorwürfen schweigt er mehr, als dass er redet.

(Foto: Foto: getty-images)

Die Aktenlage - so viel wird man inzwischen sagen und schreiben dürfen - spricht inzwischen mehr gegen als für Gysi. Marianne Birthler, Leiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde, ist sich sicher: Die belastenden Unterlagen, um die es geht, gehörten zu einem IM. Und dieser IM könne nur Gregor Gysi gewesen sein. Der Bundestag hat schon 1998 offiziell eine IM-Tätigkeit Gysis als erwiesen festgestellt.

Ein Eingeständnis seiner möglichen Schuld dürfte vom Fraktionschef der Linken im Bundestag nicht zu erwarten sein. Dafür müsste der Druck aus den eigenen Reihen größer sein. Seinen Genossen reicht die Versicherung Gysis, dass die Anschuldigungen "völlig absurd" seien.

Für den Star der Linken gibt es keinen Anlass, irgendetwas einzugestehen oder zu erklären. Das wundert bei einem Mann, der auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende durchaus selbstkritisch und zutreffend die Lage seiner Partei analysiert hat.

Der derzeitige Zustand ist und bleibt unbefriedigend - für alle Seiten. Solange Gysi nicht reinen Tisch macht, bleibt immer dieses Unbehagen im Umgang mit ihm. Hier der eloquente, gewinnende und humorvolle Redner - da der Mann, der das Vertrauen seiner Mandaten in der DDR missbraucht haben soll, was Gysi dementiert.

Gregor Gysi betrachtet das Problem als seine Privatangelegenheit. Das ist es aber nicht. Die Existenz der Stasi ist der eindruckvollste Beleg dafür, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Verharmlosung ist hier fehl am Platz.

Wenn die politische Klasse sich darüber nicht einig ist, wie will sie dann das Zusammenwachsen von Ost und West vorantreiben? Gerade Gysi, der sich in seiner Partei gerne als Mittler zwischen Ost und West sieht, müsste klar sein, dass hier Glaubwürdigkeit ein unbezahlbares Gut ist.

Es geht nicht darum, dass bald 20 Jahre nach der Wende jeder ehemalige IM seine bürgerliche Existenz verlieren soll. Es geht um einen ehrlichen Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Gysi hätte hier ein überzeugender Vorreiter sein können. Stattdessen streitet er ab, beschwichtigt und laviert - ohne wirklich überzeugende Argumente liefern zu können.

Gysi führt einen einsamen Kampf gegen die Akten. Einen eindeutigen Sieger wird es nicht geben. Es wäre an ihm, diesen Kampf zu beenden. Die Akten können es nicht.

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