Lexikon:Gaudete

Was es mit dem Namen des dritten Adventssonntags auf sich hat.

Von Stefan Ulrich

In früheren Zeiten wurden die Adventssonntage nicht schnöde von eins bis vier durchnummeriert, sondern mit klingenden lateinischen Namen versehen. Sie richteten sich nach den Anfangsworten des Gesangs, mit dem sich Priester und Gemeinde auf die heilige Messe einstimmten. Populus Sion, "Volk von Zion", hieß etwa der zweite Advent. Der alte Name Gaudete für den für den am Sonntag anstehenden dritten Advent entstammt dem Einzugsgesang: Gaudete in Domino semper!, heißt es da, "Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!" Die Worte stammen aus einem Brief, den Paulus an die Philipper richtete. "Der Herr ist nahe!", schreibt der Apostel weiter, "Sorgt euch um nichts." Für die Priester, die um diesen Appell herum predigen sollen, ist die Aufgabe nicht einfach. Denn wie soll Freude aufkommen, bei all den schlimmen Botschaften, die ununterbrochen aus aller Welt hereinprasseln? Wie soll Freude im Weihnachtsstress Raum finden? Und wie soll sie Winterdepressionen, Krankheiten und Familienzwistigkeiten standhalten, die sich zur Weihnachtszeit häufen? Gläubige Christen werden antworten, dass sie sich - trotz oder wegen alldem - auf die Geburt, die Ankunft Christi freuen. Alle anderen können sich an einen Rat von Matisse halten: "Es gibt überall Blumen für den, der sie sehen will."

© SZ vom 15.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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