Laufzeitverlängerung:Lammert kritisiert Atompläne der Regierung

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Unverhohlen mäkelt Bundestagspräsident Lammert am Atomkompromiss herum: Der CDU-Politiker zweifelt an der Umsetzbarkeit. Auch in der CSU wird Kritik laut.

Vollmundig preist die Regierung die Laufzeitverlängerungen für die deutschen Atomkraftwerke. Doch so stolz sich Kanzlerin Merkel, ihr Vize Westerwelle und Umweltminister Röttgen auch geben: Ein namhafter Christdemokrat zweifelt, ob der Kompromiss umsetzbar ist.

Blick in den Reaktordruckbehälter des Atomkraftwerks Isar 2 in Niederbayern. (Foto: dpa)

Bundestagspräsident Norbert Lammert stemmt sich gegen das Vorgehen der Koalition zur Durchsetzung ihrer Atompläne. "Ich halte die gefundene Lösung, die auch ohne eine Zustimmung des Bundesrats realisiert werden soll, nicht für einen Geniestreich", sagte der CDU-Politiker der dpa. Der Alleingang berge ein "beachtliches verfassungsrechtliches Risiko".

Union und FDP würden damit auch bewusst auf die Chance verzichten, das Energiekonzept auf die breite Basis zu stellen, die der lange Geltungszeitraum bis 2050 erfordere.

Auch bei den bayerischen Konservativen regt sich Unmut über den Atomkompromiss der Regierung: In der jüngsten Sitzung der Unions-Bundestagsfraktion soll sich CSU-Umweltexperte Josef Göppel von dem Konzept distanziert haben. Die Frankfurter Rundschau berichtete, Göppel habe in der Sitzung vorgeschlagen, die Laufzeitverlängerung unter Vorbehalt zu stellen. 2019 solle eine Zwischenbilanz zur tatsächlichen Entwicklung des Ökostrom- und Netzausbaus gezogen werden, um daraus abzuleiten, wie viel Atomstrom dann noch notwendig ist.

Göppel sagte dem Blatt zufolge: "Nur wenn man so vorgeht, macht das Wort Brückentechnologie einen Sinn." Andernfalls verhalte Schwarz-Gelb sich nicht besser als die rot-grüne Bundesregierung, der man vorgeworfen habe, beim Ausstieg die Restlaufzeiten willkürlich festgesetzt zu haben.

Der CSU-Politiker sagte der FR, nach der Sitzung hätten sich viele Teilnehmer zustimmend geäußert. Dies sei eine Möglichkeit, wieder mehr Glaubwürdigkeit zu bekommen. Andere Abgeordnete hätten die Auffassung vertreten, ein Vorbehalt sei den Kraftwerksbetreibern aus Gründen der Investitionssicherheit nicht zuzumuten.

Auch nach Meinung des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, ist die geplante Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke nur mit Zustimmung des Bundesrats möglich. In dem noch unveröffentlichten Aufsatz für die Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht erklärt er zur Begründung, die geplante Verlängerung sei nicht eine "marginale, sondern wesentliche Änderung des bestehenden Atomrechts". Die Regierung plant im Schnitt mit zwölf Jahre längeren Laufzeiten. Da Union und FDP im Bundesrat keine Mehrheit haben, wollen sie die Länderkammer umgehen. Mehrere SPD-regierte Ländern wollen in diesem Fall klagen, so dass letztlich das Bundesverfassungsgericht über das Laufzeitplus entscheiden dürfte.

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